Zweiklassen Trennung

  • Huhu...

    vorne weg: Die Geschichte fing ich im Jahr 2011 an. (Startpost aus dem alten Forum: 28.11.2011)

    Das heißt, die Story ist schon 8 Jahre alt und einige Dinge haben sich im Laufe der Zeit in Nos geändert.

    Damit die Geschichte nicht verloren geht, werde ich sie hier nach und nach erneut posten.

    Ich werde hier und da einen Rechtschreibfehler korrigieren oder mal eine kleine Formulierung ändern. Sowas wie.... statt, wie im ursprünglichen Text "sagte er" zu schreiben, habe ich es zu "sagte sein Gegenüber" geändert. Das sind - wie gesagt - nur so Kleinigkeiten.


    Nun viel Spaß mit der Story. ;)



    „Gah!“, rief er aus, als er schmerzhaft zu Boden gestoßen wurde, im Dreck landend, da es nur wenige Stunden zuvor geregnet hatte und der weiche Erdboden noch nicht vollends trocken war.

    „Aus dem Weg!“

    Er sah zu der Person, die ihn gestoßen hatte, auf. Es war ein hoch leveliger Schwertkämpfer, wie ihm das Emblem auf dessen Uniformjacke, sowie das Schwert an seiner Hüfte, verrieten. Direkt hinter dem Schwertkämpfer stand eine weitere Person, diese in sichtbar neuer und teurer Kleidung gekleidet. Das Emblem an dessen Jacke zeichnete ihn als einen Bogenschützen aus, weiterhin hatte er einen reich verzierten Köcher und Bogen über seiner Schulter hängen. Ein Bogenschütze mit zwar mittlerem Level, doch dafür umso besseren Elementen. Es war einer der Reichen Nostales, einer der Oberschicht. Der Level 90 Schwertkämpfer war wohl sein Bodyguard.

    Hina stand wütend auf. „Was soll das?!“, fuhr er wütend den Schwertkämpfer an, indirekt jedoch den Bogenschützen meinend. Hina hatte generell keine gute Woche gehabt und jetzt auch noch in den Dreck geschubst zu werden von jemandem, der dachte, nur weil er bessere Ausrüstung hatte, etwas besseres zu sein und sich solch ein Verhalten herausnehmen zu können.... das brachte das Fass zum Überlaufen.

    Doch schon im nächsten Moment weiteten sich Hinas Augen geschockt, als er die Klingenspitze, welche ihm der Bodyguard direkt an den Hals hielt, spürte. Vollkommen erschrocken über diese plötzliche Wendung, hielt er für eine Sekunde sogar die Luft an.

    Der Bogenschütze trat neben den Schwertkämpfer und betrachtete Hina von Kopf bis Fuß mit einem abschätzigen und zugleich herablassenden Blick. „Ein Haufen Scheiße.“ Er wand seinen Blick ab.

    Hina war sich unangenehm bewusst, wie er auf den anderen wirken musste. Seine Kleidung, Jeans, T-Shirt, eine Jacke darüber und dazu Turnschuhe waren bereits vier bis fünf Jahre alt. Sie waren sichtbar ausgetragen. Die Jeanshose war am Saum ausgefranzt und an einem Bein hatte sich dort sogar ein Loch gebildet, auf das er beim Laufen ständig trat. Ein weiteres Loch befand sich am Knie, groß genug, dass seine Kniescheibe sichtbar war. Sein Shirt und seine Jacke hatten ebenfalls hier und da ein kleines Loch aufzuweisen, z.T. zeigten sich einzelne Fäden, die sich an den Nähten gelöst hatten. Seine Schuhe waren verkratzt und ausgelatscht. Zusätzlich war seine gesamte Kleidung deutlich ausgewaschen, die Farben stark ausgebleicht, die Hose an den Schienbeinen fast schon weiß, seine einst dunkelgrüne Jacke bereits hellgrün geworden, sein Shirt, einst weiß gewesen, hatte längst nicht mehr seine strahlende Farbe, sondern war stumpf geworden.

    Zu all diesem kam nun auch noch der Dreck durch den morastigen Boden.

    Doch auch wenn er sich keine neue Kleidung leiste konnte, so gab es dem Bogenschützen noch lange nicht das Recht so mit ihm umzuspringen.

    „Das Aussehen hab ich deinem Bodyguard zu verdanken!“, konterte er immer noch wütend, aber in ruhigerem Tonfall.

    „Hey!“, protestierte der Bodyguard laut, „ich bitte um etwas mehr Respekt gegenüber Kanto-sama!“

    Der Druck des Schwertes gegen seinen Hals verstärkte sich leicht, Hina erstarrte erneut kurz, fasste sich aber schnell wieder.

    „Und wieso sollte ich das machen?! Er hat bisher nichts getan, dass Respekt verdient hätte. Nur seinen Wachhund auf mich gehetzt!“

    An der aufflammenden Wut in den Augen des Schwertkämpfers erkannte der Magier zu spät, dass er dies wohl besser nicht gesagt hätte. Im nächsten Moment wich er dem zustoßenden Schwert zur Seite aus, ein blutiger Kratzer an seinem Hals blieb ihm als Andenken, dass er gerade eben dem Tod entkommen war. Einen Augenblick später musste er sich hastig daran machen weiteren Angriffen auszuweichen.

    Hina beschwor seinen Zauberstab während er den Angriffen so gut es ging auswich. Er war in keiner Weise geübt darin gegen Menschen zu kämpfen, auch waren seine Augen nicht die besten. Er hatte bereits seit seiner Geburt an Schwierigkeiten Distanzen richtig einzuschätzen, doch wo der Schwertkämpfer in beiden Punkten im Vorteil war, so machte Hina seine Schwächen mit seiner Reaktionsgeschwindigkeit wett. Mehrfach einem Schwerthieb nur knapp entkommend, so dass er einen blutigen Kratzer ab bekam, er aber keine tiefere Wunde davon trug. Zeitgleich versuchte er immer wieder anzugreifen, doch brauchte er für die mächtigeren Zauber Zeit um diese auszuführen. Zeit, die ihm der Schwertkämpfer nicht ließ. Dem immer weiter zurück weichenden Magier blieb nichts anderes übrig als einfache Standardangriffe auszuführen, parallel darauf zu achten, dass er nicht von einem Schwerthieb übelst verletzt wurde.

    „Du bist verdammt flink für einen Holy“, hielt sein Gegner schließlich kurz inne.

    Hina keuchte schwer, Schweiß lief ihm am Hals entlang, sein T-Shirt am Brustbein bereits nass, hielt er seinen Zauberstab mit beiden Händen fest, trotz dass sein linker Arm schmerzhaft aufschrie. Er hatte zuvor einen heftigen Schwerthieb am Oberarm abbekommen, welcher – wäre er dem Angriff nicht gerade ebenso ausgewichen – ihm seinen kompletten Arm gekostet hätte. Eine weitere ebenso stark blutende Wunde hatte er am Oberschenkel davon getragen, die Folge war, dass sein Bein bereits zitterte. Er hatte Mühe Gewicht auf diesem zu tragen, auch wenn er die Schmerzen, soweit es ihm möglich war, zum Großteil ignorieren konnte.

    „Mage“, korrigierte er immer noch keuchend, „ich bin Mage. Holy ist... nur ein Teil... meiner... meiner Fähigkeiten.“

    „Ach“, lächelte sein Gegenüber melodramatisch, „sag nicht du bist einer der Magier, die tatsächlich glauben sie könnten mit echten Kämpfern mithalten?“

    Der Schwertkämpfer - im Gegensatz zu Hina - hatte zwar auch einen leichten Schweißfilm (bei weitem nicht so stark wie der Magier, seine Kleidung war noch komplett trocken, nur glitzerte hier und da ein Schweißtropfen auf seinem Gesicht), doch war er in keiner Weise außer Atem. Im Gegenteil, sein Atem war noch genauso ruhig wie zu Anfang.

    Der körperliche Unterschied zwischen einem Schwertkämpfer und einem Magier zeigte sich deutlich, trotz dass der Schwertkämpfer schwere Metallrüstung trug und der Magier nur mit leichtem Stoff bekleidet war.

    Doch war dieser extreme Unterschied nicht den Magiern oder den Schwertkämpfern zuzuschreiben, sondern einzig und allein der Regierung. Sie hatte mit der Begründung, dass es zu wenig Ressourcen (Materialien wie Metall und Arbeiter, sowie zeitlicher Aufwand) gäbe, bereits lange bevor Hina geboren war, ein Gesetz erlassen, das besagte, dass in erster Linie die Schwertkämpfer und Bogenschützen mit guter Rüstung und Waffen etc. zu unterstützen seien.

    Der Grund dahinter war relativ einfach: Magier waren die Einzigen, die mit ihren Zaubern heilen und andere Kämpfer im Kampf unterstützen konnten. Sei es, dass sie die Waffen mit einem Zauber verstärkten, die Füße der Gegner am Boden gefrieren ließen, den Gegnern starke Verbrennungen zu fügten oder den Gegnern einen Teil ihrer Lebensenergie abzogen etc.

    Schwertkämpfer und Bogenschützen waren dazu nicht in der Lage. Von daher war den Magiern per Regierung die Rolle des Unterstützers, des Supporters, zu gesprochen worden, der seine Mitstreiter zu unterstützen habe. Die Konsequenz daraus war, dass die anderen beiden Berufsklassen mit den besten Schwertern, Rüstungen und Bögen unterstützt wurden. Sie wurden gefördert beim Training, egal wo und wann sie trainieren wollten.

    Den Magiern war nicht erlaubt Rüstung zu tragen, einzig spezielle Roben, die leichte Abwehrzauber eingewebt hatten, mehr nicht. Die Abwehrzauber waren aber bei weitem nicht mit einer vernünftigen Rüstung zu vergleichen. Die besten Rüstungen gingen zu den Schwertkämpfern.

    Auch waren ihre Zauberstäbe und Zauberpistolen nicht gut gearbeitet und verursachten beim Gegner daher nur eher geringen Schaden. Kein Zauber der Welt und sei er noch so stark, konnte eine schlecht gearbeitete Waffe ausgleichen. Die am feinsten und sorgfältigsten verarbeiteten Waffen bekamen die Bogenschützen, die Geschosse gingen durch so ziemlich alles durch, wenn sie trafen. Nichts war vor den Pfeilen, Dolchen und den Bumerangs des Bogenschützen sicher.



    Part 1, Teil 1: Ende

    E: 26.11. Sealiah

  • Ich garantiere nicht, dass ich nicht vielleicht doch einen Rechtschreibfehler oder ähnliches bei den kommenden Korrekturen übersehe. Jedoch bemühe ich mich möglichst alle Fehler auszumerzen. ^^


    Viel Spaß beim nächsten Teil.



    Durch das körperliche Training hatten Bogenschützen und Schwertkämpfer mehr Ausdauer, waren schneller, hatten mehr körperliche Kraft. Insbesondere der Bogenschütze, welcher mit seiner Schnelligkeit einfach immer einen guten Abstand zu seinen Feinden einhalten und sie anschließend aus der Ferne töten konnte. Beim Schwertkämpfer, der durch seine Rüstung geschützt wurde, war dies erst gar nicht notwendig. Er erhielt einen so geringen Schaden durch seine Rüstung, dass er keinen Abstand zu dem Gegner einhalten musste.

    All diese gesetzlichen Bestimmungen hatten im Laufe der Jahrzehnte dazu geführt, dass die Magier zu erst einfach zur untersten Gesellschaftsschicht gemacht worden waren, anschließend hatte es sich verschlimmert und sie waren zu reinen Sklaven geworden. Machten sie nicht das, was ihnen befohlen wurde, drohte man ihnen „DK“ an. Die Abkürzung DK stand für „Dauer Kill“ und bezeichnete körperliche Züchtigung – Folter. Selbstverständlich wurde man nicht wirklich getötet, wobei dies bei dem ein oder anderen unachtsamen Folterer schon vorgekommen sein sollte. Die Schmerzen bei DK waren so unerträglich, als würde man permanent getötet werden oder sich permanent den Tod wünschen, je nach dem wie man es sehen wollte.

    Alternativ drohte man ihnen an, dass sie aus der Familie verbannt wurden. Familien waren immer „Patch-Work Familien“, ein Zusammenschluss von mehreren Leuten, die gleiche Interessen hatten. Ohne eine Familie war es recht schwer klar zu kommen. Selbstverständlich war es nicht unmöglich, aber es war bei weitem schwerer, als wenn man Leute hatte, die einem bei den Kämpfen unterstützten.

    Beleidigungen, Befehle barsch entgegen gebrüllt zu kriegen oder ignoriert zu werden, so lange sie nicht gebraucht wurden, war normaler Alltag für Magier.

    In dieser Welt war Hina, damals unter dem Namen „Satoshi“ bekannt, aufgewachsen und auch er hatte als Sklave leben müssen bis er zwei Reisenden von Außerhalb kennen gelernt hatte YaSaJuDaSa, eine Bogenschützin und ChaosKeksi, ein Schwertkämpfer. Durch das Aufeinandertreffen mit diesen beiden lernte er, was es hieß mit Respekt und Würde behandelt zu werden. Sie waren die Ersten, die ihn wie einen normalen Menschen behandelten und er lernte was es hieß Selbstachtung und Selbstbewusstsein zu haben. Diese beiden wurden seine neuen Herren, sie nahmen ihn mit auf Reisen und nahmen ihn in ihrer Familie auf.

    Doch sollte das nicht für lange Dauer sein. Je mehr Satoshi lernte, je stärker er wurde und je selbstbewusster er wurde... desto öfter geriet er in Streite mit Chaos. Chaos war zwar einerseits sehr hilfsbereit und freundlich, doch andererseits ebenso kontrollsüchtig. Wenn etwas nicht genau so ablief, wie er es gerne gehabt hätte, wurde er wütend. Satoshi hingegen hatte begonnen seinen eigenen Kopf zu entwickeln und selbst Entscheidungen zu treffen, wie er aus seiner eigenen Sicht der Familie am besten helfen und sie unterstützen konnte. Satoshi handelte auf eigener Faust, was Chaos nicht passte, ergo die immer öfter auftretenden Streite zwischen ihnen.

    Dazu kam eine starke emotionale Belastung, da jeder in der Familie zu Satoshi ging, wenn er oder sie Probleme hatte. Oftmals waren es Probleme mit einem anderen Familienmitglied und anstatt diese Dinge unter sich zu klären, gingen sie zu Satoshi für Rat, emotionalen Beistand oder einfach nur um jemanden zum Zuhören zu haben. Der Magier tat dies gerne, für sie da sein. Denn schließlich... er war ihnen allen zu tiefstem Dank verpflichtet. Sie alle behandelten ihn sehr gut und Yasa und Chaos hatten ihn aus seinem Sklavendasein befreit.

    Wenn er ihnen also in irgendeiner Form auch nur einen Bruchteil von dem wieder geben konnte, was sie ihm gegeben hatten, so würde er alles daran setzen, es zu tun.

    Satoshi selbst redete nie über seine eigenen Probleme, einmal weil er eine sehr private Person war – konditioniert von seinen Jahren als Sklave. Er hatte zu große Angst, dass sein Privatleben als Anlass zum Tratschen missbraucht werden könnte oder Gerüchte auf kämen, die ihm am Ende schadeten. Auch wollte er sie nicht mit seinen Problemen belasten, wenn sie alle selber Probleme hatten.

    Irgendwann konnte er der gesamten Situation nicht mehr stand halten und war kurz davor zu zerbrechen. Als einzigen Ausweg sah er die Familie zu verlassen.


    Trotz, dass Satoshi in einer Welt aufgewachsen war, in der Magier Sklaven waren, so hatte sich die Sichtweise der Menschen im Laufe der letzten Jahrzehnte langsam gewandelt. Magier waren noch immer in sehr vielen Teilen des Landes Sklaven, doch gab es mittlerweile hier und da kleinere Ortschaften, wo Magier keine Sklaven waren, sondern normale Mitbürger.

    Satoshi entschloss sich solch eine Ortschaft aufzusuchen. Er legte den Namen Satoshi ab und nannte sich von nun an Hina - der Name seiner Mutter.

    So war es gekommen, dass er seit gut einem Jahr hier in dem kleinen Dorf Namens „Der Geheimpfad“ lebte und seit fast zwei Monaten sogar glücklich verheiratet war.


    Doch auch wenn sich die Situation bzgl. der Magier leicht wandelte, so hatte die Regierung schon die nächsten Gesetze erlassen von denen nicht nur die Magier, sondern diesmal ganz Nostale beeinflusst wurde.

    Es war ab sofort untersagt Waren, egal ob Kleidung, Reittiere oder Nutzgegenstände, die von der High Class Firma „Mall“ produziert und verkauft wurden, weiter zu verkaufen. Wer dies dennoch tat, machte sich strafbar und die Strafe für dieses Verbrechen war eine lebenslange Haftstrafe. Unnötig zu erwähnen, dass sich alle an das Gesetz hielten.

    Eine Zweiklassengesellschaft hatte sich entwickelt. Die Reichen, die es sich leisten konnten bei Mall einzukaufen und demnach auch die besten Ausrüstungen und stärksten Elemente – ja sogar neue Kleidung – hatten. Und die Armen, die versuchen mussten das Wenige, was sie durch harte körperliche Arbeit auf ihren Reisen sammelten, zu verkaufen, um wenigstens so das nächste Mahl bezahlen zu können. Von besserer Ausrüstung und besseren Elementen konnte erst gar nicht geredet werden.

    Hina machte diese Situation wütend. Er hatte durch sein Dasein als Mage lange genug am eigenen Leib erfahren müssen, wie es war, unterdrückt zu werden und das die Regierung nun auch noch solch eine Politik ausführte, die ganz Nostale beeinflusste...

    „Hey Mage“, wurde er erneut von dem Schwertkämpfer angesprochen, „sag mal, wann war das letzte Mal, dass du dich gewaschen hast? Du stinkst! Und nein, damit meine ich nicht den ganzen Schlamm an dir.“

    Hina antwortete nicht, er hatte Mühe aufrecht zu stehen mit seinem verletzten Bein, Mühe den Zauberstab zu halten, er war erschöpft und sein Mana war auch fast gänzlich aufgebraucht. Wenn er Glück hatte, würde er sich mit dem Restmana heilen und noch eine letzte Attacke abfeuern können, mehr Mana war nicht übrig.

    Das Problem war, der Schwertkämpfer hatte dies wohl auch erkannt, denn gerade als er den Heilzauber ausführen wollte, wurde ihm sein Zauberstab mit dem Schwert aus den Händen geprellt. Sein Stab landete mehrere Meter von ihnen entfernt im Morast.

    Sein Gegner trieb ihn weiterhin mit dem Schwert vor sich her, nun mehr als eindeutig mit ihm spielend, wie eine Katze mit einer Maus. Hina wich verzweifelt den Angriffen aus, mehr vor sich her stolpernd als elegant kämpfend. Auch ohne Stab war es ihm möglich Zauber auszuführen, doch waren diese bei weitem nicht so effektiv wie mit Zauberstab.

    Noch immer ließ der Schwertkämpfer dem Magier keine Zeit, um sich selbst zu heilen oder um als letzte Alternative seine Pistolen zu greifen.

    Während all dies passierte, feuerte der Bogenschütze lautstark seinen Bodyguard an, Gelächter als er sah wie der blutende Magier vor seinem Bodyguard hergetrieben wurde und spöttische Rufe wie „Typisch Mage. Total low.“ waren zu hören.

    Schließlich geriet der Kampf zum Stillstand. Hina saß kniend am Boden, sich mit der Rechten seinen Oberarm haltend, sah er keuchend zu seinem Gegner auf, welcher erneut die Schwertspitze in die Nähe seiner Kehle hielt. Von seiner Gestalt war nicht mehr viel zu erkennen. Schlamm kleidete ihn regelrecht ein, der farbige Stoff seiner Kleidung nicht mehr erkenntlich. Der Morast hatte sich in seinen Haaren, sogar in die Ohren, Mund und Nase festgesetzt von den vielen Malen, die er während des Ausweichens durch seine Erschöpfung gestürzt war oder auf dem Boden beim rückwärts Stolpern gefallen war. Sein Mana war komplett aufgebraucht.

    „Die einzige Möglichkeit, die ich noch habe“, dachte sich der Magier immer noch schwer atmend, „ist zu bluffen. Meine Pistolen zu greifen und zu bluffen. Wenn er mich endlich an meine Pistolen lässt heißt das. Hoffentlich weiß er nicht, dass ich kein Mana mehr habe.“


    Part 1, Teil 2: Ende

  • Als er dazu ansetzen wollte, die Hand vom Arm zu nehmen, um mit dieser eine seiner Zwillingspistolen aus ihrem Holster an seinem unteren Rücken zu nehmen, wurde er auch schon gestoppt, durch das Schwert, welches sich stärker an seine Kehle presste.

    „Na na... du willst doch nicht ernsthaft eine Dummheit begehen oder? Du bist körperlich völlig am Ende, glaubst du ernsthaft du kämst schneller an deine Pistole, als ich dir mit meinem Schwert deine Hand abgeschnitten hätte?“

    Hina stockte erneut vor Entsetzen und Schock. Der Schwertkämpfer würde tatsächlich soweit gehen um ihn daran zu hindern an seine Waffe zu kommen und ihm seine Hand abschlagen?!

    Im Hintergrund rief der Bogenschütze blutdürstig und mit hörbarer, sadistischer Freude in seiner Stimme: „Mach's! Mach's! Schneid ihm die Hand ab!“

    „Außerdem“, fuhr der Bodyguard im Redefluss fort, seinen Herrn völlig ignorierend, „was willst du mit deiner Pistole schon ausrichten? Ohne Mana?“

    „Shit!“, schoss es Hina durch den Kopf, „er weiß es! Woher weiß er es?! Was mach ich jetzt?“

    „Du siehst aus, als ob du dich fragst, woher ich weiß, dass du kein Mana mehr hast“, brach sein Gegner in seine Gedanken, „ich erklär's dir. Deine Angriffe sind immer schwächer geworden. Kurz, dein Mana wurde immer weniger und der Fakt, dass du mich vorhin nicht angegriffen hast, als ich dir ganz offensichtlich eine 'Schwäche' in meiner Deckung darbot. Bereits dann hattest du keinerlei Mana mehr.“

    „Was...?“, kam es gehaucht von dem am Boden Sitzenden. Er sah wie paralysiert zu dem Level 90ger auf. Seine Gedanken überschlugen sich, „er hatte es gewusst? Die Blöße, die er vorhin in seiner Deckung hatte, war nicht zufällig, sondern eine Falle für mich? Um zu testen, ob ich überhaupt noch Mana hatte?!“

    Der Level 50 Bogenschütze kam näher an sie ran. „Da staunst du, was?“, lachte er schadenfroh, „gegen meinen Bodyguard Tippeltom kommt halt kein low Mage an, du LDT-Leiche.“

    Erneut sah er auf Hina mit einem herablassenden Blick herunter. „Wie ich schon vorhin sagte: Ein Haufen Scheiße“, er breitete Schultern zuckend, die Arme aus, „nun ja... jetzt passt wenigstens dein Aussehen. Deinem Kommentar vorhin nach zu urteilen bist du hierher nach „Der Geheimpfad“ gekommen, um als freier Mage zu leben. Wie willst du das anstellen? Nicht nur, dass du ein Magier bist, du hast auch nicht das Gold um dir vernünftige Ausrüstung zu kaufen und deine Elemente zu verbessern. Du kannst dir ja nicht einmal neue Kleidung kaufen“, lachte der Bogenschütze auf, „Leute wie du... am unteren Ende der Nahrungskette... Du wirst immer am Hungertuch nagen und nach den Almosen von Leuten wie mir betteln.“

    Er fuhr sich durch die Haare, warf den Kopf gewichtig zurück. „Nun ja... ich will mal nicht so sein. Trotz der zig unliebsamen Gerüchte, sind wir Reichen Nostales eigentlich sehr sozial eingestellt musst du wissen. Ich biete dir einen Job an. Werd mein persönlicher Holy. Du wirst bei den Bediensteten in meiner Villa wohnen, täglich gutes Essen essen, neue Kleidung erhalten... Das Einzige, was du dafür zu tun hast ist mich zu heilen und zu buffen, wann immer ich es dir sage. Mehr nicht. Ein einfacher Deal, nicht?“

    Mittlerweile hatte sich Hinas Atem etwas beruhigt. Er sah widerspenstig zu dem Reichen hoch.

    Dieser verdammte Bastard. Erst hetzte er seinen Bodyguard auf ihn, ohne dass er irgendeinen Anlass dazu gegeben hätte, wurde übelst von dem Bodyguard zugerichtet, dann wurde er als 'Scheiße' beleidigt, es wurde sich darüber lustig gemacht, dass er nicht das Gold hatte um sich neue Sachen zu leisten und DANN hatte dieser Bastard auch noch den Nerv ihn zu fragen, ob er freiwillig in dessen Dienste treten wolle!

    Hina kannte es nur zu genau, er wusste wie es abliefe. Sagte er „Ja“, so wäre er genau wieder dort wie vor wenigen Jahren. Er müsste auf Kommando wie ein Hund sofort reagieren, wenn sein Herr eines aussprach. Wenn sein Herr, trotz dass er versuchte diesen am Leben zu erhalten, dennoch schwere Verletzungen davon trug (Auch für Heilzauber brauchte man eine gewisse Zeit, um diese zu zaubern.), so würde er heftigst beleidigt werden, möglicherweise auch noch durch Essensentzug oder DK bestraft werden. Er wäre wieder genau das, wie vor wenigen Jahren – ein Sklave.

    Natürlich würde nun jeder rational denkende Mensch sagen: „Wenn es wieder dazu kommen sollte, dann verlass ihn doch. Dann geh doch einfach.“

    Doch war dies leichter gesagt als getan. Im Regelfall gab es überall Wachen auf dem Anwesen. Flucht war unmöglich, wie Hina einst selbst erfahren hatte und die Folter, die er als Bestrafung hatte ertragen müssen, war nichts, was er wiederholen wollte. Die Folter war öffentlich abgehalten worden, als Abschreckung an alle anderen Sklaven, erst gar nicht zu versuchen zu fliehen.

    Es war das erste und letzte Mal, dass er DKed worden war, das hatte er sicher gestellt. Von da an immer bemüht, nicht erneut DK als Bestrafung zu verdienen.

    Und nun solch ein Angebot von dem Bogenschützen zu bekommen.... das durfte doch nicht wahr sein. Das durfte doch nicht wirklich der Ernst des Bogenschützen sein! Glaubte er wirklich, er würde sich freiwillig wieder in Sklaverei begeben?! Nachdem der Bogenschütze bereits Züge seines sadistischen Charakters gezeigt hatte? Seinen Bodyguard dazu aufgefordert hatte, ihm seine Hand abzuschlagen?! Nachdem er von ihm beleidigt worden war, nur weil er durch Gesetze daran gehindert wurde, genauso gut kämpfen zu können wie andere? Nur weil er durch Gesetze nicht so viel Gold hatte, wie die Oberschicht?

    In Hina flammte Verachtung für sein Gegenüber auf.

    „Warum tust du das? Warum machst du dich auch noch über mich lustig? Nicht nur, dass du ihn ohne, dass ich was getan habe, auf mich gehetzt hast... jetzt verspottest du mich auch noch?! Du bist wirklich das Letzte!“, tiefste Verachtung schwang in Hinas Stimme mit.

    „Du missverstehst. Ich verspotte dich nicht, ich biete dir eine Gelegenheit aus diesem Rattenloch in dem du lebst, herauszukommen. Eine Chance in der Gesellschaft aufzusteigen, besser zu leben, als du es jetzt tust“, antwortete der Reiche ernst, schloss dann die Augen, überlegte kurz, seufzte, öffnete wieder die Augen, „aber nun gut. Ich kann verstehen, dass du nicht gewillt bist dich wieder in Dienerschaft zu begeben. Du, als Magier, ein Ex-Sklave.“

    Ein spöttisches Grinsen überflog das Gesicht des 50gers, welches zeigte, dass er seine freundlich klingenden Worte in keiner Weise so meinte, sondern sie nur ein erneutes Mittel waren, sich über seinem am Boden sitzenden Gegenüber lustig zu machen.

    Er griff in seine Gürteltasche am Gesäß, die jeder in Nostale besaß und trug, nahm ein paar Goldstücke raus, auf denen jeweils eine 1000 abgedruckt war. Die Tasche war magischer Natur, sie war zwar gerade mal so groß wie zwei nebeneinander gelegte Fäuste, doch fasste sie bei weitem mehr. Er klimperte mit dem Gold in seiner Hand.

    „Wie wäre es alternativ mit einer kleinen Spende? So wie du hier gerade sitzt wird deine wahre Natur mehr als offensichtlich: Ein Bettler.“

    Hina erdolchte den arroganten Schnösel mit Blicken, angesichts der erneuten Erniedrigung, die er erfuhr. „Du kannst dir deine Almosen sonst wohin stecken! Nur weil du Reich bist, meinst du dir alles erlauben zu können?!“

    Der Blick des Bogenschützen verdüsterte sich, er wand sich vom Magier und Bodyguard ab. „Ich hab's mir anders überlegt. Eigentlich wollte ich nur ein wenig Spaß mit dir als mein neues Spielzeug haben, aber...“, er sah stechend und arrogant über seine Schulter zurück, „jetzt nicht mehr. Ich bin deiner überdrüssig. Ein low-Mage, der zu eh nichts anderem da ist, als als Sklave zu dienen. Dazu auch noch meint, nur weil er es geschafft hat, vor seinem alten Herrn zu fliehen, er wäre nun wer. Und dabei noch nicht mal seine eigene Situation klar sieht. Mage, du bist nichts weiter als ein armseliger Bettler, der am Hungertuch nagt. Du wärest besser aufgehoben gewesen bei deinem Herrn.“ Er wand seinen Blick wieder ab, mit dem Rücken zu ihnen, gab er Anweisung:

    „Tippeltom: Töte ihn.“

    Die Augen des Schwertkämpfers weiteten sich und kurz zuckte er körperlich zurück, im nächsten Moment schon, war er wieder ruhig und kalkül.

    „Kanto-sama“, wand er sich an seinen Boss, „wenn ich einen anderen Vorschlag machen dürfte... - Er ist von Kopf bis Fuß verdreckt, seine Wunden werden sich definitiv entzünden und zu Wundfieber führen. Er hat keinerlei Mana mehr um sich selbst zu heilen. Auch ist er körperlich erschöpft, so dass er es kaum bis zum Geschäftsviertel und damit zu einem anderen Heiler schaffen dürfte.“

    Kanto sah sein Gegenüber nun neugierig an, worauf dieser hinaus wollte.


    Part 1, Teil 3: Ende

  • „Wie wäre es...“, lächelte Tippeltom, „wenn wir ihm sämtliche restlichen Manatränke nehmen, die er womöglich noch in seiner Gürteltasche hat? Damit wäre gewährleistet, dass er sich nicht selbst heilen kann. Heiltränke selbstverständlich auch. Er wird ein elendiges Ende hier im Dreck finden, wo er hingehört“, versuchte er seinen Herrn von seiner Idee zu überzeugen.

    Er sah, dass sein Herr noch immer zögerte, also fuhr er fort, „vielleicht hat der Magier ja auch noch andere nützliche Sachen dabei, die sich verkaufen lassen.“

    Und mit diesen letzten Worten sah er, dass er seinen Herrn geködert hatte. Sein Herr nickte, „Tu es.“

    Er griff die Gürteltasche, sein Schwert stärker an den Hals des Magiers gepresst, als zuvor. Der Magier empfand diese Behandlung sichtbar als weitere Demütigung, wenn man davon ausging, wie er ihn – Tippel – mit Blicken aufspießte.

    Tippeltom nahm sich davon nichts an und begann damit in der Gürteltasche nach Nützlichem zu suchen, griff alles heraus, was sich zu Gold machen ließ: Heiltränke, Manatränke, Regenbogenperlen, Handschuhe, Schuhe etc.

    Schließlich warf er die geleerte Tasche dem Magier vor die Knie. Der Magier hatte seinen Blick gesenkt, die Ponyhaare verdeckten seine Augen, seine Hand hielt immer noch seinen Oberarm. Seine Schultern bebten und leise Geräusche waren zu hören.

    Beide, der Schwertkämpfer wie auch der Bogenschütze sahen neugierig-verwundert zu der Gestalt zu ihren Füßen, lauschten. Dann begann der Bogenschütze schallend zu lachen. „Er heult! Der Magier heult!“, erneutes Gelächter, „hah! Was ist jetzt aus deiner großen Klappe geworden, huh?!“

    Er verpasste dem Mage einen Fußtritt, direkt auf die blutig-schlammige Stelle an seinem Oberarm. Der Magier ließ einen halb unterdrückten Schmerzenslaut von sich, fiel durch die Wucht des Trittes und der eigenen Erschöpfung zur Seite, wo er reglos im Morast liegen blieb. Nur ab und zu war ein leises Schniefen zu hören.

    Der Bogenschütze grinste ebenso verächtlich, wie der Magier zuvor zu ihm gewesen war. „Wie low muss man sein, um als Mann so in Tränen auszubrechen?! Du bist es noch nicht einmal wert von unserer Hand getötet zu werden. Hier im Morast zu verenden hast du verdient. Dein ganzes Bravour und dein Stolz waren also nichts anderes als fake, um deinen weibischen Charakter zu verbergen. Heh... wie nennen dich deine Freunde? Susan? Stephanie? Michelle? Ein Männername kann's ja nicht sein, wenn vor ihnen eine Tunte steht.“

    Der Magier gab keine Antwort. Auf Grund dessen wand sich Kanto ab. „Lass uns gehen!“, gab er den Befehl und schritt davon.

    Der Schwertkämpfer hingegen hatte Respekt für seinen besiegten Gegner entwickelt. Er kannte genügend Magier und wusste, wie sie oftmals behandelt wurden. Er konnte sich denken, was der Magier vor ihm alles durchgemacht haben musste und trotz dessen es zu schaffen mit noch so viel Kampfeswillen, Selbstvertrauen und Mut durchs Leben zu gehen. Anstatt an seiner Vergangenheit zu zerbrechen, durch sie zu wachsen und zu einer eigenständigen Person zu werden... das verdiente Respekt.

    Ein weiterer Punkt, der ihn zu tiefst beeindruckt hatte, war das Kampfeskönnen des Magiers. Bereits nach dem ersten Schlagabtausch, war es offensichtlich für Tippel, dass der Magier keinerlei Erfahrung darin hatte gegen Menschen als Gegner zu kämpfen. Wahrscheinlich hatte er bisher immer nur gegen Monster gekämpft. Auch konnte er an dem Emblem, auf seiner Jacke sehen, dass seine Elemente nicht sehr stark waren. Einzige Ausnahme bildete sein Lichtelement. Seine Elementresistenzen waren ebenfalls nicht stark ausgeprägt.

    Mit all diesen Handycaps so gut zu kämpfen und so lange gegen ihn selbst zu bestehen wie der Magier es getan hatte... auch das verlangte dem Schwertkämpfer Respekt ab.

    Tippeltom stand mit dem Rücken zu dem am Boden Liegenden. Seine Stimme war bei der folgenden Frage ruhig und kontrolliert.

    „Wie ist der Name des Mannes, den ich so eben besiegt habe?“

    Hinas Gedanken hingegen verfolgten eine gänzlich andere Richtung. Ja, es stimmte, dass er die Tränen nicht hatte verhindern können. Doch waren es Tränen der Frustration und Wut gewesen, nicht des Schmerzes oder der Angst. Er war so dermaßen wütend über das Verhalten des Bogenschützens. Dem Schwertkämpfer machte er keine Vorwürfe, er handelte nur nach seinen Befehlen. Agierte er gegen seine Befehle, wäre er bestimmt sofort seinen Job los und dann wäre er ebenfalls nichts anderes als einer der Armenschicht. Im Prinzip sogar noch schlechter dran, als die restlichen Armen, da Leute ab Level 90 nicht gerne bei der Bevölkerung gesehen waren. Alle ab Level 90 waren die persönlichen Bodyguards und Wachen der Reichen. An der Spitze stand ihnen ihr Elitetrupp mit Level 99gern zur Verfügung.

    Wenn ein Level 90ger wider erwarten seinen Job verlor und zur Armenschicht degradiert wurde, dann war er wortwörtlich ärmer dran als die Armen. Kaum einer der Unterschicht wollte einem 90ger helfen. Im Gegenteil, sie waren froh, dass der 90ger nun auch einmal was von seiner eigenen Medizin zu schmecken bekam.

    Nein, Hina machte dem Bodyguard keine Vorwürfe. Die Vorwürfe galten seinem Herrn. Er war wütend darüber, wie sich jemand nur so dermaßen unsozial aufführen konnte. Er könnte den Armen mit seinem Gold helfen, statt dessen verspottete und verhöhnte er sie.

    Hina war frustriert über seine eigene Unfähigkeit im Kampf zu bestehen. Frustriert darüber, dass er diese erniedrigenden Sprüche und den Diebstahl seines wenigen Eigentums, was er hatte, ertragen musste, wollte er nicht Gefahr laufen sofort an Ort und Stelle getötet zu werden. Frustriert darüber, dass seine Elemente nicht besser waren, frustriert, dass er so verdammt hilflos war.

    Als nun der Schwertkämpfer ihm diese Frage stellte, durchfuhr Schock und Angst Hina. Würde der Schwertkämpfer sich genauso wie der Bogenschütze über ihn lustig machen, wenn er erfahren würde, dass er TATSÄCHLICH einen Frauennamen trug? Auch wenn der Name aus ganz anderen Gründen nun seiner war, so würde der Schwertkämpfer es bestimmt anders auffassen. Der Schwertkämpfer kannte schließlich nicht seine Hintergrundgeschichte, die dazu geführte hatte, dass er den Namen seiner Mutter angenommen hatte.

    Doch... doch musste Hina zugeben, dass er keinerlei Spott in der Stimme gehört hatte. Die Frage schien ruhig und ernst gestellt worden sein. Er gab sich einen Ruck.

    „Hina... Hina Sakamoto.“

    Innerlich erwartete er nun Gelächter oder Spott zu hören, umso mehr überraschte ihn die Reaktion des Schwertkämpfers.

    „Hina Sakamoto... Ein guter Name.“

    Tippeltom hatte die Augen geschlossen, als er dem Magier ebenso ernst antwortete, wie die Frage gemeint gewesen war. Natürlich wusste der Schwertkämpfer, dass es sich um einen Frauennamen handelte, doch änderte das nichts an dem Respekt, den er dem Magier gegenüber empfand. Der Magier hatte wohl seine Gründe, warum er einen Frauennamen trug, welche diese auch immer sein mochten.

    Vielleicht war er auch einfach einer von den armen Hunden, die die Wunderlampe benutzt hatten bevor das Gesetz zum Verbot mit Mall-Waren in Kraft getreten war und die von da an für den Rest ihres Lebens mit dem falschen Geschlecht leben mussten. Egal was der Grund war, der Name war für ihn kein Anlass auf den Magier herab zu sehen.

    „Ich heiße Tippeltom“, er machte eine kurze Pause, „ich werde mir deinen Namen merken Hina Sakamoto. Für das nächste Mal, wenn wir aufeinander treffen.“

    Mit diesen Worten ging der Schwertkämpfer, seinem Herrn folgend.


    Part 1: Ende

  • „Hier Staubi, dein Kaffee“, stellte Hina seiner Kollegin *Staubkind*, einer Level 88 Bogenschützin, eine gefüllte Kaffeetasse vor die Nase, welchen diese auch mit einem erfreuten Ausruf, ja schon fast kindlicher Freude nahm und trank – trotz, dass der Kaffee noch vor Hitze dampfte.

    Hina selbst setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, stellte seinen Latte Macchiato vor sich hin, begann damit mit dem Löffel umzurühren und kurz darauf den Schaum genüsslich zu löffeln.

    AikoEiri, welche neben ihrem Ehemann Hina saß, schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Ernsthaft ihr beiden...“, lächelte sie die beiden scheinbar zu groß geratenen Kinder an, „ihr beide seid älter als ich, aber wenn es um euer Morgenkoffein geht, verhaltet ihr euch wie Kinder.“

    *Staubkind* grinste vergnügt zur Antwort.

    „Warum auch nicht?“, schmollte ihr Mann leicht, „ich weiß selber, dass ich mich oft sehr kindisch verhalte.“

    Aiko lächelte ihn liebevoll an, „jap. Und ich hab dich so geheiratet wie du bist.“

    Hina stutzte bei ihren Worten, errötete sichtbar, senkte verlegen den Blick zur Latte-Tasse. „Danke.“

    „Bitte“, strahlte sie ihn an, drehte seinen Kopf mit ihrer Hand und gab ihm einen Kuss auf den Mund, welchen er kurz darauf erwiderte.

    Während dies geschah, genoss Staubi ihren Kaffee. Sie war es gewohnt immer mal wieder ein solches Schauspiel zwischen den Verheirateten zu sehen. Es kam nicht oft vor, da Hina nicht der Typ Mann war, um öffentlich solche Zärtlichkeiten zur Schau zu stellen, doch ab und an konnte seine Frau ihn, wie diesen Morgen, dazu bringen.

    Mittlerweile war es schon Tradition geworden, dass sie sich alle drei morgens um 8.00 Uhr trafen und zusammen einen Kaffee oder in Hinas Fall einen Latte, tranken. Es hatte sich eigentlich mehr spontan so entwickelt. Hina, auch wenn er nicht viel Gold besaß, wollte dennoch seine vorhandene Freiheit zumindest ein bisschen genießen. Seine Art, sich etwas zu gönnen, war jeden Morgen in seinem Lieblingscafé zu sitzen und einen Latte Macchiato zu trinken. Dafür verzichtete er dann lieber bei anderen Dingen, wie sich keine Erholungstränke zu leisten oder kaufte lieber etwas billigeres Essen.

    Im besagten Café hatte er Staubi eines Morgens kennen gelernt. Es hatten nicht genügend freie Plätze zur Verfügung gestanden und sie hatte angefragt, ob sie sich zu ihm an den Tisch setzen könne, er bejahte. Per Zufall trafen sie sich den nächsten Morgen wieder in dem Café und am darauf folgenden Tag auch. So war es gekommen, dass sie von da an ein stillschweigendes Abkommen hatten, sich jeden Morgen auf einen Kaffee zu treffen.

    Aiko, die Level 85 Schwertkämpferin war schließlich dem morgendlichen Ritual beigetreten, als sie Hina kennen gelernt hatte.

    Kaum hatten sie sich von dem Kuss gelöst, begangen die beiden Frauen damit sich munter in ein Gespräch zu vertiefen. Es ging wohl um Hochzeiten, Männer und Kinder. Hina selbst hörte nicht wirklich zu, diese Themen interessierten ihn nicht, so lange sie ihn nicht selbst betrafen. Statt dessen beobachtete er lieber seine Frau, wie sich diese so angeregt unterhielt. Ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

    Auch wenn es für Aiko nichts besonderes war, ihn selbst warf es jedes Mal aus der Bahn, wenn sie ihm Dinge wie gerade eben direkt ins Gesicht sagte, erst recht wenn Leute dabei waren.

    Es ging weniger darum, dass es Aiko war oder das es z.T. „Süßholzgeraspel“ war. Es ging mehr um den Fakt, dass es überhaupt etwas nettes über ihn war, ein Kompliment.

    Selbst nach all der Zeit, in der er nun ein freier Bürger war, konnte er sich einfach nicht an nette Worte gewöhnen. Sie brachten ihn jedes mal aufs neue in Verlegenheit.

    Mit herablassendem Gehabe ihm gegenüber, verletzenden Worten oder sogar Schlägen konnte er umgehen. Das war er von klein auf gewöhnt. Er wusste wie er in solch einem Fall zu reagieren hatte. Doch wenn jemand nett zu ihm war...

    Früher, gerade weil er nicht gewusst hatte mit einem Kompliment etc. umzugehen, hatte er es einfach ignoriert. Mittlerweile hatte er ja schon gelernt, einfach ein „Danke“ zu sagen und damit war die Sache mehr oder minder erledigt. Allerdings änderte es nichts daran, dass er sich dennoch einfach nicht komplett daran gewöhnen konnte. Er wurde rot und verlegen, was ihm erst recht peinlich war, wenn Leute anwesend waren und ihn so sahen.

    Gleichzeitig war es aber auch mit ein Grund, warum er sich in Aiko verliebt hatte. Bei ihr konnte er völlig er selbst sein. Er wusste, dass er z.T. sehr feminin rüber kam, dazu noch sein Name und das Resultat war, dass er bereits mehrfach von Freunden und Bekannten darauf angesprochen worden war, ob er nicht früher weiblich gewesen war. Ob er vielleicht bevor das Verbot zum Handeln mit Waren von Mall in Kraft getreten war, die Wunderlampe benutzt habe.

    Die Wunderlampe war ein magischer Gegenstand mit dem man das Geschlecht wechseln konnte. Rieb man an der Lampe erstrahlte sie in hellem Licht und im nächsten Moment hatte man das gegensätzliche Geschlecht. Der Vorgang war komplett schmerzfrei.

    Ursprünglich war es für diejenigen entwickelt worden, die eine Geschlechtsidentitätsstörung hatten. Im Körper eines z.B. Mannes gefangen waren, aber sich innerlich als eine Frau wahrnahmen. Diesen Leuten sollte mit der Lampe geholfen werden, doch hatte die Lampe großen Anklang in der Bevölkerung gefunden und sie war von ihrem eigentlichen Nutzziel zu einem „Spaßobjekt“ verkommen. Nicht nur kranke Menschen benutzen die Lampe, sondern auch andere Leute, die einfach mal ausprobieren wollten, wie es war als das anderen Geschlecht zu leben, nur um sich nach kurzer Zeit wieder zurück zu verwandeln.

    Doch mit dem Verbot hatte die Regierung vielen Menschen geschadet, die die Lampe benutzt hatten. Das Verbot war von einem Tag auf den anderen gekommen, ohne Vorwarnung. Das Resultat war, dass viele Menschen von da an für immer im falschen Körper gefangen waren und für den Rest ihres Lebens mit dem falschen Geschlecht leben mussten.

    Hina selbst war glücklicherweise nicht davon betroffen.

    Oftmals bestätigte oder widerlegte Hina die Spekulationen bzgl. seines wahren Geschlechts nicht, es macht ihm ins Geheim einen heiden Spaß, dass die Leute über sein Geschlecht rätselten. Nur eine kleine Gruppe seiner engsten Freunde wusste, dass er nie die Lampe benutzt hatte und schon immer männlich gewesen war.

    Aiko war eine von ihnen und sie liebte ihn, egal ob er nun feminine Züge an den Tag legte oder nicht.



    Part 2 Teil 1: Ende

  • „...zungen Hina?“

    „Huh?“, blickte er verwirrt Aiko an, die ihn mit seinem Namen aus seinen Gedanken gerissen hatte, „bitte was? Sorry, ich hab nicht zu gehört.“

    „Ich hab Staubi gerade von letzter Woche erzählt, als du von einem Reichen und seinem Bodyguard angegriffen worden bist. Hattest du nicht zwei Verletzungen davon getragen? Wie geht’s dir? Sind die Verletzungen verheilt?“

    Hina blinzelte bei der Frage, da er ihr bereits alles haarklein erzählt hatte und dennoch machte sie sich immer noch Sorgen? Er schüttelte vor sich hin schmunzelnd den Kopf.

    „Ich hab dir doch schon vor Tagen gesagt, dass sie komplett verheilt sind“, antwortete er ihr, eine Mischung aus Verzweiflung und Amüsement in seiner Stimme, anschließend zog er die Augenbraue hoch, „lass mich raten. Du hast Staubi nur erzählt, wie es zu den Verletzungen gekommen ist. Dass die beiden mich ohne Grund angegriffen haben, mich beleidigt und verspottet haben, mir meine wenigen Habseligkeiten, die ich bei mir hatte, geklaut haben, meine Kleidung ruiniert haben und eben, dass sie mich stark verletzt haben. Aber nichts davon, wie es danach weiter ging, als sie mich im Morast haben liegen lassen. Oder?“

    „Ach, es geht noch weiter?“, hakte Staubi nach, Hinas Vermutung bestätigend.

    Er wand sich an die Bogenschützin, „ja. Ich erzähl dir was danach passierte...“


    Hina lag im Morast, innerlich erwartend nun ausgelacht oder erneut verspottet zu werden.

    „Hina Sakamoto... Ein guter Name“, hörte er die ernste Antwort.

    Dies überraschte ihn, wusste der Schwertkämpfer womöglich nicht, dass es sich bei „Hina“ um einen Frauennamen handelte? Oder war es ihm einfach egal?

    Bevor er noch weiter grübeln konnte, wurde er erneut angesprochen.

    „Ich heiße Tippeltom“, er machte eine kurze Pause, „ich werde mir deinen Namen merken Hina Sakamoto. Für das nächste Mal, wenn wir aufeinander treffen.“

    Dann konnte Hina die fort gehenden und immer leiser werdenden Schritte des Kämpfers hören.

    Der Magier rappelte sich mühsam auf allen Vieren auf, nahm mit der rechten Hand seine Gürteltasche, stand dann wankend ganz auf und humpelte zu seinem Zauberstab, den er sich unter den rechten Arm klemmte, sein linker Arm einfach nutzlos baumeln lassend.

    Jetzt wo das Adrenalin nachgelassen hatte, merkte er erst, wie sehr sein Bein und sein Arm schmerzten. Nichts desto trotz machte er sich auf den Rückweg.

    Nach nur drei Schritten stopfte er die Tasche zwischen Körper und Gürtel, - er war nicht in der Lage sie mit nur einer Hand wieder zu befestigen - und funktionierte seinen Zauberstab kurzer Hand zu einem Gehstock um, gedanklich seinem kostbaren Zauberpartner eine Entschuldigung aussprechend für diese grobe Behandlung.

    Bereits auf halbem Weg machten sich die Erschöpfung und der Blutverlust bemerkbar. Hina hatte Mühe klare Gedanken zu fassen, das Einzige was ihn voran trieb war der Gedanke „nach Hause“ zurückzukehren, wo Hilfe in Form seiner Frau wäre.

    Wie genau er nach Hause kam, wusste er nicht mehr. Nur, dass er im nächsten Moment fiel und hart auf dem Holzfußboden aufprallte, sein Zauberstab fiel ihm aus der Hand und schlitterte irgendwo hin, die Gürteltasche löste sich von ihrer Position und landete geöffnet nur eine Hand weit entfernt von seiner Rechten.

    Der Lärm würde nun mit Sicherheit Aiko anlocken.

    Stille.

    „Aiko?“, rief er nach ihr, „Aiko?? Hilfe, bitte! Ich bin verletzt! Hast du einen Heiltrank? Bring mir einen.“

    Stille.

    „Aiko? Bist du da?“, versuchte er es erneut.

    Doch registrierte er nie, dass er all seine Sätze nur gedanklich gesprochen hatte, seine Lippen sich nicht einmal bewegend.

    Als er da lag und auf Aikos Antwort wartete, die nie kommen würde, bemerkte er in seiner Tasche etwas weißes. Neugierig griff er danach und zog etwas weiches, nein zwei weiche Etwas, hervor.

    Er starrte verständnislos auf die weißen Dinger in seiner Hand. Doch endlich erkannte sein Gehirn was sie waren: Bandagen. Und mit der Erkenntnis, dass er Bandagen in seiner Hand hielt, verstand er auch instinktiv, dass es sich um magische Bandagen handelte.

    Innerlich seine Chance ergreifend, mobilisierte er noch einmal seine Kräfte, begab sich ins Bad, wo er sich mit einigen Schwierigkeiten seiner Jacke, Shirt und Hose entledigte, griff dann ein Handtuch, machte es nass, wusch so bedächtig wie es in seinem derzeitigen Zustand möglich war, den Dreck um die Wunden herum weg, legte anschließend unbeholfen die Bandagen an.

    Er saß erschöpft auf dem Fußboden, die Beine von sich gestreckt, mit dem Rücken an dem Badewannenrand lehnend. Seine Gedanken ließ er einfach treiben und nach Minuten, die ihm wie Ewigkeiten erschienen, spürte er die Wirkung der Zauberbandagen, wie diese seine Wunden heilten.

    Noch eine ganze Weile blieb er einfach so da sitzen, die Augen geschlossen und sich von den Strapazen der Geschehnisse erholend.

    Schließlich hatte er sich soweit erholt, dass er sich daran machen konnte, um den Dreck komplett abzuwaschen. Er zog seine restliche Kleidung aus, setzte sich in die Badewanne (das war ihm sicherer als zu stehen) und duschte den groben Dreck mit dem Duschkopf weg.

    Zeitgleich, während er sich wusch, begann sein Gehirn zu arbeiten.

    Die Bandagen, die er in seiner Tasche gefunden hatte, hatte er selbst nicht darein getan. Er als Magier brauchte keine Bandagen, die Blutungen stillten – normalerweise. Das konnte er durch einen Zauber, der die Wunden verschwinden ließ, als wäre sie nie da gewesen oder durch Heilzauber, die die Wunden langsam schlossen, selber.

    „Hmm“, überlegte er im Stillen, „die Einzigen, die in der Lage gewesen wären, die Bandagen rein zu tun wären Aiko... und der Schwertkämpfer.“

    Seine Stirn runzelte sich, als er über die Möglichkeit nachdachte, dass der Schwertkämpfer ihm die Bandagen rein geschmuggelt haben könnte, während er seine Sachen nach „Dingen zum Verkaufen“ durchwühlte.

    Hmm... so richtig konnte er es nicht glauben. Es trug so gut wie niemand Bandagen mit sich herum. Die meisten Menschen verließen sich für Verletzungen jeglicher Art auf die Zauber der Magier oder benutzten zur Not Heiltränke. Wieso also sollte der Schwertkämpfer überhaupt Bandagen mit sich herum tragen? Vor allem, wenn er im Dienste eines Reichen stand, der Magier eindeutig als Sklaven sah, die für solche Dinge zuständig seien. Und wieso sollte er ausgerechnet einem Magier helfen, selbst wenn er die Bandagen bei sich gehabt hätte?

    Wahrscheinlicher war es da, dass Aiko ihm die Bandagen am frühen Morgen in die Tasche gelegt hatte. Ja, so musste es gewesen sein.

    Schließlich hatte er den Dreck runter. Nachdem er sich abgetrocknet und das Handtuch um seine Hüften gewickelt hatte, fühlte er sich wieder wie ein normaler Mensch. Danach begab er sich zu seinem und Aikos Kleiderschrank im Schlafzimmer. Doch trotz der normalen Größe, die der Schrank besaß, war sein Innenleben mehr als mager.

    Hina starrte missmutig auf sein einziges anderes Outfit, das er besaß. Aiko erging es nicht besser, sie hatten einfach nicht das Gold, um bei Mall neue Kleidung zu kaufen. Um die Armen zu unterstützen, hatte die Regierung veranlasst, dass jedem kostenlos ein Outfit zur Verfügung gestellt wurde. Da die Kleidung für die gesamte Bevölkerung hergestellt werden musste, war sie reine Massenware. Jeder Magier, jeder Bogenschütze, jeder Schwertkämpfer hatte das gleiche Outfit, je nach Beruf, welches die Person ausübte.

    Hina selbst mochte seine Magierkleidung nicht. Sie war bunt wie ein Regenbogen. Er seufzte, ließ den Kopf kurz hängen. „Ich komm mir damit immer vor wie ein Clown...“, seufzte er erneut niedergeschlagen, nahm aber dann notgedrungen das Outfit raus und zog sich an.

    In genau diesem Moment, hörte er den Schlüssel im Schloss, der Aikos Heimkehr signalisierte.


    Part 2, Teil 2: Ende

  • „Aiko?“, rief er nach ihr, er konnte hören wie sie die Einkäufe fallen ließ und eine Sekunde später zu ihm ins Schlafzimmer geplatzt kam, ihre Hand an dem Schwertgriff, bereit es zu ziehen.

    Als sie ihn erblickte und keine Gefahr nahe bei, entspannte sie sich sichtbar, nahm die Hand vom Schwert.

    „Hina? Alles ok?“, kam sie besorgt auf ihn zu, „ich hab das Blut im Flur gesehen. Dein Stab und deine Tasche lagen quer durch den Raum geworfen.“

    Er hob beschwichtigend die Hände. „Ja, alles in Ordnung. Ich war verletzt, aber dank deiner Bandagen nicht mehr“, lächelte er.

    Aikos Blick zeigte pure Verwirrung. „Meiner Bandagen?“

    „Du... hast mir doch heute Morgen Zauberbandagen in die Tasche getan... oder?“, kam es zögerlich zur Antwort.

    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, wieso sollte ich? Du kannst einfach deine Verletzungen heilen und auch weiß ich, dass du zur Not immer ein paar Heiltränke dabei hast. Wieso sollte ich dir also Zauberbandagen in deine Tasche tun? Und selbst wenn, hätte ich dir heute früh Bescheid gegeben, dass ich sie rein getan habe, damit du weißt, dass sie da sind und sie benutzen kannst.“

    Ihre Worte trafen ihn wie ein Dampfhammer. Wenn sie die Bandagen nicht rein getan hatte, dann konnte es doch nur der Schwertkämpfer gewesen sein. Aber... das... es ergab keinen Sinn! Absolut keinen Sinn! Wieso um alles in der Welt sollte der Schwertkämpfer ihm aushelfen? Wenn er noch zuvor darauf erpicht gewesen war ihn zu Schaschlik am Spieß zu verarbeiten?! Wieso...?! Das...! Er...! Es ergab keinen Sinn!

    „Hina?“, hörte er Aikos besorgte Stimme, „alles in Ordnung? Du... Komm setz dich auf die Couch, ich hol dir einen Bailey's. Du siehst aus als ob du einen vertragen könntest.“

    Sie führte ihn mehr, als das er von sich aus ging, zur Couch im Wohnzimmer, wo er Platz nahm. Dann ging sie hinter die Theke, die Küche von Wohnzimmer visuell trennte und nahm aus einem der Küchenschränke ein Likörglas, aus dem Kühlschrank den Bailey's und goss ihm ein, stellte ihm das Glas vor die Nase, setzte sich ihm gegenüber.

    Minuten lang starrte er einfach nur auf das Glas, nahm es schließlich und trank einen Schluck. Während er noch immer vor sich hinstarrte, als hätte er einen Geist gesehen, hatte sie Gelegenheit ihn genauer zu betrachten. Ihr fiel erst jetzt bewusst auf, dass er seine Kleidung gewechselt und geduscht hatte. Seine schwarzen, kurzen Haare waren noch immer nass, tropften aber nicht mehr. Vermutlich war seine blutige Kleidung noch immer im Badezimmer, sie würde sie später holen und auswaschen.

    Normalerweise würde sie ihn dazu anhalten, dass er seine Sachen selbst wegräumte. Auch wenn sie verheiratet waren, so war sie nicht seine persönliche Putzfrau, die ständig hinter ihm her räumte. Das hatte sie von Anfang an klar gemacht und er hatte schnell begriffen, dass er bei ihr auf Granit biss. Wenn er seine Sachen nicht wegräumte, so hatte sie in der Anfangszeit die Sachen einfach liegen lassen, bis es selbst ihm zu viel wurde und er sie von sich aus – zwar maulend, aber immer hin – wegräumte.

    Mittlerweile hatte sie ihn soweit „erzogen“, dass er selbst typische Männerverhalten nicht mehr so stark zeigte, wie die leere Toilettenpapierrolle nicht mit einer neuen zu ersetzen und die alte weg zu schmeißen oder mal von sich aus das Geschirr zu spülen, statt einfach nur das neu hinzugekommene dreckige Geschirr neben dem bereits vorhandenem dreckigen Geschirr zu stellen.

    Doch war er prinzipiell eigentlich sehr „pflegeleicht“ was diese Dinge betraf. Er selbst war für Gleichberechtigung zwischen ihnen und half hier und da mit, doch sah er einfach einige Dinge nicht, die ihr wichtig waren, was sie im Stillen zwar nervte, aber mit denen sie sich leider arrangieren musste. Er WAR halt ein Mann und keine Frau und ihm waren diese Dinge Folge dessen nicht so wichtig.

    Doch was zumindest SEINE Sachen betraf, sah sie definitiv nicht ein, dass sie hinter ihm her räumte. Auf Grund dessen würde sie ihn normalerweise daraufhin weisen, dass noch seine Sachen im Bad seien – normalerweise.

    Allerdings schien er einen ziemlich schlimmen Tag gehabt zu haben und so wie er nun vor ihr saß, immer noch nur halb wahrnehmend was um ihn herum passierte... sobald sie aus ihm heraus bekommen hatte, was passiert war, würde sie die Sachen im Bad wegräumen.

    „Was ist passiert?“

    Ihre Stimme war leise und ruhig als sie fragte. Spräche sie in der derzeitigen Situation laut, bekäme sie gar nichts aus ihm heraus. Er würde dann nur mit einem monotonen und irgendwie besiegt klingenden „Nichts. Schon gut.“ antworten. Das wusste sie und sie hasste es, wenn er so war. Wenn er wieder in seine Verhaltensmuster aus seiner Sklavenzeit fiel. Er war dann extrem still, sagte nur etwas, wenn man ihn direkt ansprach. Antwortete mit nur den nötigsten Worten, sein Tonfall monoton, gefühlsmäßig abgestumpft. Sein Blick war dann stets demütig gesenkt, er machte nur im Notfall oder wenn man ihn eben direkt ansprach, kurz Augenkontakt, nur um dann den Blick wieder unterwürfig zu Boden zu richten. Und das Schlimmste für sie war: Er teilte sich dann nicht mehr mit. Wenn er nach seiner Meinung gefragt wurde, teilte er diese zwar mit anderen, doch sagte er nur in äußerst selten Fällen von sich aus zu erst, wenn ihm etwas nicht passte ohne, dass ihn jemand extra fragen musste. Auch bestand seine Meinung meistens aus einem scheinbar gleichgültigen „Mir egal.“ von ihm, als wäre er es in seinen eigenen Augen nicht wert, eine eigene Meinung zu haben. Als denke er, dass er dies nicht verdiene.

    Dieser Hina war einfach nicht der Mann in den sie sich verliebt hatte. Sie hasste diesen... nein, das war ein etwas zu starkes Wort, aber sie konnte diesen Mann einfach nicht ausstehen. Er war ein Schatten von dem eigentlichen Hina, eine leere Hülle und sie hasste es. Auch wenn sie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit dieser Seite Hinas, ihre Wut über seine Rückratlosigkeit an ihm ausgelassen hatte, so war sie – wie sie zugeben musste – mehr wütend darüber, dass ihm Leute das angetan hatten.

    Hina hatte ihr zwar erklärt, dass es keine „Rückratlosigkeit“ per se war, das es ihm dann wirklich EGAL war, wenn er sagte „Mir egal.“. Er hatte ihr erklärt, dass ihm in diesem Zustand andere Dinge weit aus wichtiger waren, wie eben das er überhaupt noch am Leben war oder wie er das nächste Mahl bezahlen sollte oder die Miete für die Wohnung etc. Statt darüber zu grübeln, ob er nun lieber einen Latte Macchiato oder doch lieber einen Cappuccino haben wollte.

    Aiko hingegen war sich nicht so sicher, ob das wirklich so stimmte, wie er sagte. Vielleicht redete er es sich nur ein, um sich selbst nicht eingestehen zu müssen, was für eine seelenlose Puppe er einst gewesen war. Andererseits musste sie zu geben, dass er selbst in diesem Zustand immer noch mit der gleichen Willensstärke und dem Mut auftrat, wenn ihm etwas WIRKLICH nicht gefiel, wie der Hina, den sie normalerweise kannte.


    Part 2, Teil 3: Ende

  • Abgesehen von diesem Verhalten zeigte er fiel öfter starke Unsicherheit.

    Mit seiner immer mal auftretenden Unsicherheit konnte sie leben. Diese kam öfter vor, als dass er in sein Sklavenverhalten zurück fiel, welches nur zweimal zuvor passiert war. Seine Unsicherheit hatte sie jedoch öfters erlebt, es war immer nur wenn sie alleine waren, dass er diese zeigte. Aiko war sich darüber im Klaren, dass dies nur das enorme Vertrauen zeigte, was er in sie hatte und sie schätze es als das was es war: Ein Geschenk.

    Er erzählte ihr dann von seinen Versagensängsten. Er hatte immer Angst davor nicht „gut genug“ zu sein, egal in welchem Bereich. Ob es „gut genug für sie – Aiko – war“ oder „gut genug war eine Bestimmte Tätigkeit auszuführen“ etc.

    Wenn sie ehrlich war musste sie darüber im Stillen immer schmunzeln. Er hatte vor simplen, alltäglichen Sachen Angst. Zum Beispiel, dass er sie in der Öffentlichkeit bei einem gemeinsamen Abendessen blamieren könnte oder dass er auf dem Markt nicht gut feilschen könnte, aber zeitgleich schaffte er es gegen Monster und Gefahren zu bestehen ohne mit der Wimper zu zucken und das selbst wenn alle ihm sagten, er wäre verrückt es auch nur zu versuchen. Es wäre sein sicherer Tod, doch er ging unbeirrt einfach los und machte das, was er sich vorgenommen hatte – und kam erfolgreich zurück.

    Einmal waren sie gemeinsam auf Reisen gewesen, sie waren in ein Dorf gekommen, welches von einer großen Hungersnot geplagt worden war. Doch die Hungersnot war nicht von ungefähr gekommen. Diebe, die in den Bergen lebten, waren daran Schuld. Sie verwüsteten die Ernte des Dorfes, stahlen Wasser in dem sie es umleiteten. Es war offensichtlich, dass die Diebe von einem Reichen angeheuert worden waren. Sie sollten dafür sorgen, dass die Dorfbewohner ihr Dorf aufgaben, so dass der Reiche das Land billig kaufen konnte. Der Reiche war zuvor schon einige Male in ihr Dorf gekommen, doch hatten die Dörfler jedes Mal abgelehnt ihr Land und damit ihre Heimat zu verkaufen.

    Hina hatte den Menschen helfen wollen und gemeint, dass man gegen die Diebe vorgehen solle, dann jedoch geseufzt und gesagt, dass es eh nicht klappe, weil sich keine Leute finden würde, die gegen die Diebe kämpfen wollten.

    Er hatte ihr eine halbe Stunde lang in den Ohren gelegen, dass es unfair war und er ihnen doch so gerne helfen wolle, es aber eh nichts brächte wenn nur er – eine Person – bereit war, etwas zu tun und dass man dafür schon die Hilfe der Dorfbewohner haben müsste, die aber mit Sicherheit nicht bereit seien zu kämpfen – sonst wären sie ja schon längst aus ihrer Situation raus – etc.

    Nach der halben Stunde seines Gejammers war sie es Leid sich das Ganze anzuhören. Sie war von ihrem Sitzplatz – ein Baumstamm, der neben dem Gasthaus lag, wo sie sich ein Zimmer genommen hatten und wohl wirklich als Sitzfläche gedacht war – aufgestanden, hatte sich zu ihm entschieden umgedreht und gesagt: „Dann mach's einfach!“

    Er hatte ziemlich dumm drein geblickt. „Machen. Was machen? Die Leute zusammen kriegen, um zu kämpfen?“

    „Ja!“, hatte sie ebenso resolut geantwortet, wie ihre zuvorige Aussage gewesen war, „mach's einfach! Such dir Leute zusammen, die bereit sind zu kämpfen, wenn es dich so sehr beschäftigt.“

    Hina hatte überlegt. „Hmm...“, hatte er sie zweifelnd angeschaut, „meinst du wirklich...?“

    Sie hatte genickt.

    „Aber...“, er hatte immer noch von Selbstzweifeln geplagt den Kopf geschüttelt, „sie werden da nie mitmachen! Ich mein...“, er hatte mit den Schultern gezuckt, „ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Diebe schlagen können. Versteh mich nicht falsch Aiko. Aber...“, er hatte seufzend mitten im Satz abgebrochen, die Schultern hängen gelassen und den Blick gesenkt.

    „Aber...?“

    Erneut hatte er geseufzt. „Aber ich bin nur ein Magier“, hatte er sie angesehen, dann den Blick ganz gesenkt und auf seine Hände in seinem Schoss gestarrt.

    Tief in seinen Augen hatte sie den verborgenen Schmerz, die Verzweiflung und die Hilflosigkeit gesehen, die er fühlte.

    „Hina...“, sie hatte seinen Kopf genommen und an ihren Bauch gepresst, mit den Armen umschlossen, „du weißt doch am besten was für ein guter Kämpfer du bist und wie gut du darin bist Leute zu heilen. Ich weiß das ebenfalls. Also hör auf so von dir zu denken.“

    Er hatte sich aus ihrer Umarmung befreit, zeitgleich irritiert den Kopf geschüttelt.

    „Das ist es nicht!“, hatte er heftig erwidert, „ich weiß selber wie gut ich bin und dass man Magier nicht nur zum Heilen abstempeln sollte oder sie... sie versklaven sollte!“, er hatte zu ihr aufgesehen, die Arme ausgebreitet, „aber nur weil ICH das weiß oder DU, heißt das nicht, dass die restliche Welt das genauso sieht!“

    Er war aufgestanden, an ihr vorbei gestampft, hatte sich wieder zu ihr umgedreht. „Du hast es doch selber auf unserer Reise bis hierher gesehen!“, seine Stimme war immer lauter geworden, so dass er sie nun fast schon anschrie, „bis auf vielleicht eine Handvoll Leuten, haben alle, die wir auf unserer Reise getroffen haben, gedacht ich wäre dein Sklave! Die Leute in den Gasthäusern haben dich gefragt, ob du wirklich sicher seist, dass ich in deinem Zimmer schlafen 'dürfe' oder ob sie mich nicht doch besser zu den anderen Magiern in die Scheune schicken sollten!“

    Seine Wut war etwas abgeebt, Hina hatte die Hände an die Hüften gelegt und sich halb umgedreht, in die Ferne blickend.

    Oh ja... an das was Hina da erzählte konnte sie sich blendend erinnern. Vor allem an die ein oder andere Reaktion, wenn sie bestimmt sagte, dass „Ja. Der Magier würde in ihrem Zimmer schlafen.“ und „Nein. Sie müssten nicht extra ein Strohlager herrichten, worauf er dann schlafen könne.“.

    Sie hatte im Regelfall zwei Arten von Reaktionen bekommen. Entweder den Leuten war es egal, da sie annahmen, er würde einfach auf dem kalten und harten Holzfußboden schlafen. Sie dachten wohl, sie sei eine sehr strenge Herrin und sie wolle einfach nicht den Magier aus ihren Augen lassen, weil er etwas anstellen könnte was sie – seine Herrin – äußerst blamieren könnte. Deswegen die Erlaubnis, dass er in ihrem Zimmer schlafen dürfe – aus reiner Kontrolle.

    Oder sie nahmen an, dass sie ihn sich für ...'andere' Dinge, als für's Heilen hielt. Ihn als Objekt im Bett haben wollte. Die anzüglichen Blicke oder Rufe von Frauen 'Ob sie, Aiko, ihn danach nicht noch zu ihnen aufs Zimmer schicken könne.' waren einfach nur widerwärtig und gleichzeitig auch äußerst unangenehm. Sah sie wirklich wie jemand aus, der so etwas machte? Sich einen Sklaven zu halten für... das?

    Und Hina stand jedes Mal einfach nur einen halben Meter hinter ihr, den Blick leicht gesenkt und blieb stumm. Sie wusste warum er es tat. Er bestätigt oder widerlegte damit nicht die Vermutungen der Leute, sondern ließ sie einfach nur zu ihren eigenen Schlüssen kommen. Er ließ sie bewusst in dem Glauben, den sie in der jeweiligen Situation hatten, damit sie beide nicht Ärger bekamen. Womöglich aus dem Gasthaus oder sogar gleich der ganzen Stadt gejagt wurden, weil sie eine „Magier-Sympathiesantin“ war.

    Doch regte es sie innerlich einfach nur auf! Er zeigte in beiden Fällen keinerlei Reaktion. Schlimm genug, dass die Leute dachten, sie wäre eine Tyrannin ihm gegenüber. Aber regte es ihn noch nicht einmal auf, dass die Leute von ihm dachten, er wäre ihr... ihr... 'Bettgefährte'?! (Selbst in Gedanken konnte sich es nicht über sich bringen das Wort „Sex-Sklave“ zu verwenden.)

    Sie selbst konnte es jedes Mal aufs neue nicht verhindern im ganzen Gesicht rot zu werden, was die Vermutung für die anderen Leute nur bestätigte – auch wenn es in Wirklichkeit nicht stimmte.

    Er hingegen verhielt sich als sei es absolut normal, wenn eine junge Frau ihren männlichen Sklaven für 'sowas' aufs Zimmer nahm!

    Moment mal. Er verhielt sich als sei es absolut normal? Sollte das heißen, dass er so etwas tatsächlich schon einmal...

    Aikos Gedanken hielten kurz in Schock komplett an, begannen sich dann zu überschlagen. Sie wusste, dass sie nicht seine Erste gewesen war, dafür war er zu erfahren. Sollte das tatsächlich heißen, dass er... 'das' erlebt hatte? Dass er sowas hatte durch machen müssen?

    Sie hatte ihn nie nach seiner detaillierten Vergangenheit gefragt oder nach der Frau – oder Frauen -, die er vor ihr gehabt haben musste. Sie war immer davon aus gegangen, dass es jemand war, den er geliebt hatte oder war sogar davon ausgegangen, dass er sich irgendwo eine Prostituierte genommen hatte oder es eine seiner Sklavengefährtinnen gewesen war. Doch war ihr nie auch nur der Gedanke gekommen, dass es möglicherweise eine seiner Herrinnen gewesen war, die ihn mit Androhung von Bestrafung dazu gezwungen hatte.


    Part 2, Teil 4: Ende

  • Sie hatte vom Boden aufgesehen und ihn wieder an, er hatte noch immer von ihr weg geblickt.

    „Hina...“, sprach sie ihn zögerlich an, er drehte seinen Kopf zu ihr.

    „Ja?“

    „Du... hast du... wurdest du...“, zögerte sie, über ihre Worte stolpernd, nicht genau wissend wie sie ihn fragen sollte.

    „Wurde ich was?“

    „Ach nichts. Schon gut. Ist nicht so wichtig.“, hatte sie ihren Versuch abgebrochen, hatte einen Rückzieher gemacht. Es war wohl besser wenn sie ihn nicht fragte, sonst würde sie womöglich nur alte Wunden aufreißen. Und was brachte es ihr denn auch schon, wenn sie wusste ob er nun gezwungen worden war oder aus Liebe gehandelt hatte? Es war doch egal, alles was sie wissen musste, wusste sie bereits: Das sie nicht seine Erste gewesen war, aber dafür wohl seine Letzte. Bis das der Tod sie scheiden sollte.

    Er hatte sie mit einem Blick angeguckt, der ihr sagte, dass er genau wusste, dass sie ihn wohl etwas sehr persönliches fragen wollte, es aber dabei belassen. Er hatte sich wahrscheinlich gesagt, dass sie ihn schon erneut darauf ansprechen werde, wenn es ihr wichtig wäre.

    Sie selbst hatte das Thema nie wieder angeschnitten, aber in stillen Nächten oft darüber gegrübelt, während Hina friedlich neben ihr im Bett schlief. Sie hatte einfach nicht gewusst wie sie ihn fragen sollte ohne mögliche Wunden aufzureißen.

    Hina war sich anschließend mit der Hand durchs Haar gefahren. „Aiko, du weißt genau wie der Großteil der Welt Magier sieht! Du hast es am eigenen Leib auf unserer Reise erfahren! Erinnere dich nur mal an die Blicke oder Rufe, wenn sie dachten, du würdest mich für deine persönlichen Gründe im Zimmer haben wollen!“

    „Oh mein Gott“, dachte sich Aiko und war erneut knallrot geworden, „muss er ausgerechnet JETZT darauf ansprechen?“

    Ihm war es glücklicherweise nicht aufgefallen, zu sehr hatte er sich erneut in Rage geredet.

    „Und weißt du auch den Grund warum sie das gedacht haben?! Weil ihnen gar nicht in den SINN gekommen ist, dass eine Schwertkämpferin mit einem Magier VERHEIRATET oder auch nur ZUSAMMEN sein könnte! Ihnen ist gar nicht in den Sinn gekommen, dass jemand deines gesellschaftlichen Standes, jemanden wie mich ernsthaft LIEBEN könnte! So denken diese Leute! So und nicht anders! Alles andere passt erst gar nicht in ihre kleine, engstirnige Weltvorstellung, Aiko!“

    Erneut war er verstummt, fing dann an zu grinsen und mit leichter Belustigung in der Stimme, sprach er, „oder denk daran, wie sie dich in der einen Gaststätte fragte, ob sie dir extra 'Spielzeug' aufs Zimmer bringen solle bzw. welches 'Spielzeug-Menü' du haben wolltest.“

    Dieser Kommentar von ihm hatte Aiko ernsthaft versuchen lassen, ob sie nicht im Erdboden versinken könne. Da sie feststellen musste, dass es nicht klappte, hatte sie ihre Hände vors Gesicht gelegt, hatte gespürt wie selbst ihre Ohren und Teile ihres Halses rot geworden waren.

    „Erinner mich nicht daran“, hatte sie gemurmelt, dann zwischen ihren Fingern zu ihm hin gespäht, „und was ist daran überhaupt so witzig?“

    „Nichts“, hatte er nun noch breiter gegrinst, leicht mit den Schultern zuckend, „ich find's nur amüsant, dass es tatsächlich Gaststätten gibt, die solche Dinge anbieten. Hätte ich nicht gedacht, vor allem nicht von dieser alten schon 100-Jahre-alt-aussehenden Frau an der Rezeption.“

    Dies hatte sie perplex blinzeln lassen, dann hatte auch sie begonnen zu grinsen. Schließlich waren sie beide in lautes Gelächter verfallen.


    Am nächsten Tag hatte sie ihm geholfen, alle kampfwilligen Dorfbewohner zusammen zu holen. Wie Hina voraus gesagt hatte, war niemand bereit einem Magier auch nur zu zuhören, also war Aiko kurzer Hand dazwischen gegangen. Sie hatte ihr Schwert gezogen und gesagt:

    „All diejenigen, die nicht bereit sind mit uns zu kämpfen, können gerne hier und jetzt durch meine Klinge sterben! Das wäre gnädiger, als euch den langsamen Hungertod sterben zu lassen!“

    Die Leute waren verängstigt vor ihr und ihrem Schwert zurück gewichen. Dann hatte sie mit Ruck ihr Schwert in Hinas Richtung geschwenkt, die Menge hatte aufgekeucht, bei ihrer plötzlichen Armbewegung.

    „Doch wer LEBEN will! Der soll ihm gefälligst zuhören! Ob Magier oder nicht! Dieser Mann ist der Einzige, der zwischen euch und einem elenden Tod steht! Vertraut mir! Vertraut IHM! Und ihr werdet wieder ohne Sorgen schlafen können! Ohne Sorgen zu haben, was ihr – eure Kinder! - am nächsten Tag zu Essen haben werdet! Ohne Sorge, wann die Diebe wieder in euer Dorf kommen werden: Plündernd und raubend!“, schwer atmend war sie vor ihnen gestanden, hatte in ihre Gesichter gesehen, die Zögern gezeigt hatten.

    „Du sagst wir sollen ihm vertrauen!“, war erneuter Protest gekommen, „einem Magier! Was weiß ein Magier schon davon wie man kämpft!“

    Sie hatte verstanden, dass sie mit bloßen Worten nicht weiter käme, also hatte sie ihre Taktik geändert, wissend, dass Hina sofort mit spiele, auch ohne, dass sie ihn zuvor in ihren Plan einweihte.

    „Nun gut“, sie hatte ihr Schwert in ihrer Hand leicht baumeln lassen, „ich kann verstehen, dass ihr einem Magier nicht einfach so vertrauen entgegen bringen könnt. Vor allem nicht wenn es auch noch Fremde sind – wie wir. Ich mach euch einen Vorschlag:

    Ihr werdet das tun was mein Magier euch sagt. Ihr müsst wissen...“, hatte sie gespielte Arroganz gezeigt, so als würde ihr die ganze Welt gehören und sie dies auch wissen, war an ihren Ehemann heran getreten, war mit ihrer Hand seine Brust Richtung Süden entlang gefahren und war mit ihrer Hand schließlich stehen geblieben, hatte sich zu den Dörflern umgedreht, sich derweil halb an ihn gepresst, „ich hab ihn nicht nur wegen dem hier.“

    Ihre Augen waren bezeichnend zu ihrer Hand gewandert.

    Anschließend hatte sie wieder aufgesehen und zu den Dörflern hin.

    „Er ist außerdem äußerst intelligent... für einen Magier“, hatte sie verspielt gelächelt, als wäre sie die Katze, die endlich ihre Milch bekommen hatte, „er ist in der Lage, auch noch andere Dinge zu stimulieren...“, sie hatte sich wieder zu ihm umgedreht, sich stärker an ihn gepresst, ihre Hand war zu seinem Nacken gefahren und sie hatten ihn mit leichtem (gespielten) Widerstand von Seiten Hinas, am Nacken nach unten gezogen und ihn fordernd geküsst, „...meinen Geist“, hatte sie gehaucht.

    Als sie sich wieder zu den Dorfbewohnern umdrehte, sich noch immer mit dem Rücken an Hina pressend, hatte sie kurz Abscheu und Ekel in seinen Augen aufblitzen sehen können. Innerlich war sie so geschockt über diese Reaktion gewesen, dass sie für einen Moment Angst gehabt hatte, seine Reaktion hätte tatsächlich ihr gegolten und er wäre all die Zeit nur mit ihr zusammen gewesen, hatte sie nur geheiratet, weil er sie als seine neue Herrin sah und er Angst hatte von ihr bestraft zu werden, wenn er nicht das machte, was sie ihm befahl.

    Doch im nächsten Moment schon erkannte sie, dass er nur schauspielerte und sie schimpfte sich selbst aus für ihre Dummheit.

    Sie hatte erneut wie eine Diva, die wusste, dass sie eine Diva war, die Menge angesehen. „Ich bin Aiko Eir, eine der angesehensten und besten Schwertkämpferinnen im ganzen westlichen Reich“, erfand sie spontan ihren eigenen berühmten Status, „glaubt ihr wirklich, ich würde mir einen einfachen, gewöhnlichen Magier als ...'Begleitung' aussuchen?“, erneut hatte sie verspielt gelächelt, „oh neeiinn... Da muss schon etwas... außergewöhnliches her. Ihr könnt mir ruhig glauben. Hina IST gut in dem was er tut – in jeglicher Hinsicht.“

    Hinas einzige Reaktion war gewesen beschämt die Augenlider zu senken. Die Dorfbewohner hatten sehen können, dass sich der Magier über dieses... Kompliment nicht recht freuen konnte, im Gegenteil, er schien sich zu wünschen nicht in seiner derzeitigen Situation zu sein, doch war er – wie sie ebenfalls zugeben mussten – gut ausgebildet. Er machte keinen Mucks während seine Herrin oder andere redeten, sprach nur wenn er dazu aufgefordert wurde. Hatte nicht versucht ihre wandernde Hand oder ihren Kuss abzuwehren, obwohl beides ihm sichtbar unangenehm gewesen war. Hatte permanent den Blick demütig gesenkt, wagte es nicht seine besser Gestellten anzusehen, wie es sich für einen guten Magier gehörte. Vielleicht... vielleicht hatte die Schwertkämpferin recht mit dem was sie sagte, vor allem wenn sie auch noch so eine Berühmtheit war, wie sie erzählte. Hier in ihrem kleinen Dorf kamen so gut wie keine Neuigkeiten an.


    Part 2, Teil 5: Ende

  • „Und noch etwas...“, hatte die schöne Schwertkämpferin weiter gesprochen, sich immer noch an ihren Sklaven pressend, „ich gebe euch mein Wort, dass ich ihn bestrafen werde, sollte er auch nur zu einem von euch nicht respektvoll sein. (Der Magier reagierte nicht.) Und als zusätzlichen kleinen Bonus... wenn sein Plan schief gehen sollte und ihr es nicht schafft, die Diebe ein für alle mal zu vertreiben, werde ich ihn vor euren Augen für 24 Stunden DKn und ihn euch anschließend zerstückelt als Geschenk überreichen.“

    Die Dorfbewohner hatten schockiert aufgekeucht.

    „24 Stunden DKn! Das ist mehr als die doppelte Zeit, die bisher als längste Zeit gilt!“

    „Oh mein Gott! DKn!“

    „...ihn auch noch umbringen.“

    etc.

    Doch auch der Magier hatte reagiert, er war für wenige Sekunden erstarrte, hatte aus schierem Reflex seine Herrin angesehen und zu allem Überfluss auch noch begonnen zu protestieren. „Aber...!“, weiter war er nicht gekommen, denn sie hatten ihn zurück gestoßen, ihr Schwert erneut gezogen und es ihm an die Brust gehalten.

    Erneut war er erstarrt, diesmal aber in Entsetzen über seinen eigenen Fehler. Er hatte sich zu Boden geworfen, kniete, die Stirn den Boden berührend.

    „Verzeiht“, hatte er murmelnd gebeten, war dann verstummt, einfach nur ihr Urteil abwartend und es akzeptierend. Ja, definitiv. Der Magier war gut ausgebildet. Er war sich gänzlich darüber im Klaren was er für einen Fehler begangen hatte und dass sie, seine Herrin, nun voll und ganz das Recht hatte ihn dafür zu bestrafen.

    „Hina, Hina...“, lächelte sie auf ihn herab, ihre Schwertspitze an seinem Ohr, seinem Nacken, seinem Kopf entlang tanzend, alles nur leicht berührend, dass er es spürte, aber keine Verletzungen hervor rief, „wie kommt es, dass du auf einmal etwas sagst, ohne dass ich dir die Erlaubnis dafür gegeben habe? Sprich!“

    „Meine Herrin... Aiko-sama...“, Hinas Stimme hatte einen Unterklang von Angst und Verzweiflung, allein daran konnte Aiko erkennen, dass auch dieser Part geschauspielert war. Wäre er wirklich in sein Sklavenverhalten zurück gefallen, so wäre seine Stimme nun komplett emotionslos. „solch ein Versprechen zu geben...das...“

    Ah, so war es also. Aiko hatte verstanden worauf ihr Ehemann hinaus wollte. Zugegeben, sie selbst hatte nicht über dieses Versprechen nachgedacht, bevor sie es gegeben hatte. Um genau zu sein, hatte sie über NICHTS nach gedacht, seit dem sie spontan angefangen hatte den Dörflern eine auf Diva vorzuspielen.

    „Über das Versprechen wirst du dir keine Sorgen machen müssen... nicht wenn dein Plan wirklich so funktioniert wie du behauptet hast. Oder hast du mich etwa belogen?“, ihr Stimme hatte einen gefährlichen Unterton angenommen.

    Doch Hina hatte ihre Worte verstanden. Sie hatte ihm nur mitteilen wollen, dass er sich doch nicht zu Sorgen brauche. Sie vertraute darauf, dass sein Plan funktionierte. Sie vertraute IHM - und seinen Fähigkeiten. Für Aiko hatte es gar keinen Zweifel gegeben, dass der Plan nicht klappen könnte, so überzeugt war sie davon gewesen.

    „Nicht doch Herrin“, beeilte er sich ihr zu versichern. Ja, er war der festen Überzeugung, dass sie gemeinsam die Dörfler mit ihrer Situation helfen konnten, doch gab es immer unvorhergesehene Variablen die auftreten konnten. „Es ist nur...“, er war verstummt, hatte gehofft, dass Aiko auch so verstehen würde, was er ihr sagen wollte, aber in ihrer derzeitigen gefakten Situation als Sklave und Herrin, nicht machen konnte.

    Sie hatte bestimmt genickt, ihm damit zeigend, dass sie durch aus verstanden hatte. „Na, wenn du sonst nichts zu sagen hast...“, hatte sie sich wieder den Dorfbewohnern zu gewandt, „und ihr! Ihr habt doch einen Magier oder nicht?“

    „Ja. Hier“, hatte einer aus der Menge gesagt und eine sichtbar verängstigte Frau nach vorne geschubst, dass sie vor Aikos Füßen im Staub kniete.

    Die Frau war in braunen Lumpen gekleidet, die früher wohl mal ein Kleid gewesen waren, doch mittlerweile zerrissen waren. Ihre Haare waren verfilzt, ihre Fingernägel dreckig, sie war barfuß. Und sie war vernarbt. Aiko konnte an ihren Beinen, am Hals, den Armen, am Schlüsselbein... an all den Stellen die nicht von Stoff bedeckt waren oder kurz durch eine ihrer Bewegungen frei gelegt wurden, alte Narben sehen. Innerlich empfand sie Mitleid mit dieser Frau, doch sich bewusst seiend, welche Rolle sie derzeit spielte, zeigte sie es nicht.

    „Na also. Eine Magierin. Dann gibt es doch kein Problem mit dem DK, oder sehe ich das falsch?“, hatte sie erneut verspielt die Dörfler angeblickt.

    DK war deshalb so grausam, weil es nicht nur einfache Folter war. Nein, während des DKs wurden sämtliche Wunden des Opfers wieder von einem Magier, der dem DK beiwohnte, geheilt. Immer dann wenn das Opfer kurz davor stand durch seine Verletzungen zu sterben. Die dann gänzlich geheilte Person, konnte aufs neue misshandelt werden. Es war eine nicht endende Folter. Als würde man zig unendliche Tode sterben. Deswegen die Bezeichnung „Dauer Kill“.

    Die Opfer ertrugen ihre Folter irgendwann nicht mehr und nahmen den einzigen Ausweg, der ihnen noch blieb, da ihnen selbst das Sterben versagt war: Sie wurden verrückt.

    Zehn Stunden war die längste Zeit, die man bisher gemessen hatte, in der das Opfer die Folter ertragen konnte. Nach den Zehn Stunden schwand der Geist immer mehr bis das Opfer gänzlich verrückt war.

    Ein Hüne von fast zwei Metern war vorgetreten. „Du bist dir ja sehr sicher, dass sein Plan funktioniert, wenn du anbietest ihn für 24 Stunden DKn zu lassen und ihn dann auch noch zu töten, wenn er versagt.“

    Sie hatte gelächelt. „Wie bereits gesagt... er ist... gu~t“, erneut hatte die Schwertkämpferin ihren Sklaven in einer eindeutigen Geste angefasst und wieder schien es dem Magier mehr als unangenehm zu sein.

    Der Hüne lachte laut auf. „Hah! Lady, es bringt nur nichts wenn er nur im Bett gut ist! Er muss kämpfen können!“

    Statt verbal zu antworten, hatte sie ihn erneut mit diesem verführerischen Lächeln angesehen. „Lass dich doch überraschen mein Großer“, hatte sie geträllert, „wie ich bereits sagte: Ihr habt nichts zu verlieren. Der sichere Hungertod wartet auf euch, doch wenn ihr mir folgt, dann habt ihr zumindest eine Chance.“

    Diesmal hörte sie zustimmendes Gemurmel.

    „Einverstanden Lady“, hatte er ihr die Hand gereicht, „wir werden uns anhören, was dein Magier zu sagen hat.“

    Sie hatte eingeschlagen und das Abkommen war besiegelt gewesen.



    Part 2, Teil 6: Ende

  • Erneut musste sie schmunzeln, als sie daran zurück dachte. Die Dorfbewohner hatten Hinas Plan erfolgreich umsetzen können und die Diebe verjagt. Anschließend wurde sie, Aiko, gefeiert als diejenige, die es geschafft hatte die Diebe zu vertreiben.

    Überraschenderweise jedoch war der Hüne noch einmal zu ihnen gekommen, als die Feier schon fast zu Ende ging.

    Er hatte Hina auf die Schulter geklopft. „Hey, Mage. Das war wirklich ein brillanter Einfall, den du da hattest. Ich muss zu geben... ohne dich wären wir wohl bald alle verhungert. Danke. Heh...“, er hatte sich am Kopf gekratzt, „scheint so, als ob Mages doch zu mehr taugen würden, als als Heiler zu dienen.“

    Hina hatte ihn überrascht über diese plötzlichen Worte des Dankes angestarrt. „Da...danke“, hatte er gerade noch heraus gekriegt, immer noch völlig überfahren über diesen Meinungswandel des Hünen.

    „Ach ja!“, der Hüne nahm einen Schluck aus seinem Bierkrug, zeigte mit dem Daumen auf Aiko, „wenn ich du wäre, würd ich meine Ehefrau noch zum Tanzen auffordern, bevor der Abend vorbei ist.“

    Der Hüne winkte ihnen und machte sich auf den Rückweg.

    „Ah, ja“, stimmte Hina ihm lächelnd zu, „das ist eine gute Id-...“

    Hina und Aiko sahen sich beide überrascht an, „woher hat er...?“, sahen dann blitzschnell zu dem Hünen, doch dieser verschwand so eben im Gewimmel aus feiernden und ausgelassenen Menschen.


    Aikos Schmunzeln wurde breiter.

    Hina schaffte es sprichwörtliche Berge zu versetzen, doch bei so etwas simplen wie einen Einkauf zu erledigen, geriet er in Panik. Er hatte Stunden lang mit ihr diskutiert, dass es doch wohl besser sie wäre, die den Einkauf – und das Feilschen – übernehmen solle, er wäre darin einfach nicht gut und was wäre, wenn der Verkäufer auf einmal so und so reagierte etc.

    Sie ließ leises Kichern von sich, was sie selbst und auch Hina aus seinen Gedanken riss.

    Erneut lächelte sie ihn an, die Beine übereinander geschlagen, den Ellenbogen auf ihrem Knie, stütze sie mit der Hand ihr Kinn ab, immer noch ein kleines Schmunzeln um ihre Mundwinkel. Den perplexen Gesichtsausdruck Hinas, wegen ihrer plötzlichen guten Laune, ignorierte sie.

    „Also? Was ist geschehen?“, hakte sie zum zweiten Mal nach.

    Diesmal antwortete er und erzählte ihr was ihm passiert war.

    „...Und gerade als ich mich umgezogen hatte, kamst du zur Tür rein“, endete er seine Erzählung, „aber es ergibt einfach keinen Sinn, dass der Schwertkämpfer mir geholfen hat! Ich mein... wieso sollte er?!“

    Die Schwertkämpferin seufzte schmunzelnd. „Ist es denn so schwer zu glauben, dass er dir aus Nettigkeit geholfen hat? Vielleicht ist es nicht das erste Mal, dass sein Herr ihn zu so einem Zwischenfall zwingt und um seine Taten wieder gut zu machen, wollte er seinem Opfer – dir – helfen.“

    „Aber... das...“, wollte er gerade erneut protestieren, doch brach er ab, seine Stirn nachdenklich in Falten gelegt, er überlegte, „hmm... vielleicht hast du recht. Ich mein... jetzt wo ich so drüber nachdenke... er WAR fünf Level über meinem UND seine Elemente waren viel besser als die meinigen, auch hatte er viel mehr Erfahrung als ich. Hmm....“

    Hina verstummte, während er noch immer vor sich her grübelte. Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck zu reiner Erkenntnis. Aiko konnte regelrecht sehen, wie die sprichwörtliche Glühbirne angegangen war. Sich im Stillen ein „Na also!“ denkend, zog sie fragend die Augenbraue hoch.

    „Du hast recht! Er... ich...“, ihr Ehemann stieß sich die flache Hand gegen die Stirn, „Mann bin ich blöd. Das ich da nicht gleich drauf gekommen bin“, seufzte er gut gelaunt, schüttelte den Kopf schmunzelnd, fing dann an lauthals zu Lachen. „Verdammt ist der gut!“, brach es immer noch lachend, ja jubelnd, aus ihm heraus, was ihre eigene Neugier nur noch mehr schürte.

    „Wieso ist er gut?“

    „Also einmal: Sämtliche seiner Angriffe. Ich hab natürlich bemerkt, dass er nur mit mir spielt, er mich ohne zu zögern hätte töten können, doch habe ich nie hinterfragt WARUM er es nicht tut! Von vorn herein, war es nie seine Intention gewesen mich zu töten, sondern es nur für seinen Herrn so AUSSEHEN zu lassen, als WOLLE er mich töten. Mehr nicht“, zuckte er erklärend mit den Schultern, „er muss genau gewusst haben, was meine Fähigkeiten sind, bereits nach dem ersten Schlagabtausch muss er mich durchschaut haben, andernfalls wäre ihm alles andere nie gelungen. Also: Ich erklär's dir.“

    Hina hatte sich mittlerweile in Eifer geredet, „nach dem ersten Schlagabtausch hatte der Schwertkämpfer gewusst, wie gut – oder schlecht – ich bin. Je nachdem wie man es sehen will“, er machte eine wegwischende Handbewegung, zeigend, dass das für die Erklärung unwichtig war, „Nun, auf jeden Fall... Sämtliche seiner darauf folgenden Angriffe waren genau so getimet, dass ich ihnen ausweichen KONNTE. Es war bewusst so geplant. Die Male, die er mich am Arm und Bein verletzt hatte waren – so vermute ich – Unvorsichtigkeiten seinerseits. Da hatte er seine Schnelligkeit und Kraft nicht richtig der meinigen angeglichen.“

    Aiko unterbrach seinen Redefluss. „Bist du dir da sicher?“, zweifelte sie, „das klingt für mich ein wenig sehr weit her geholt“, sie legte den Kopf schräg und sah ihn durchdringend an, „könnte es nicht sein, dass du nur wieder dein eigenes Licht unter den Scheffel stellst?“

    Hina sah sie komplett verwirrt an, mit einem leicht naiven – oder vielmehr einem ahnungslosen – Blick in seinen Augen. Erneut musste sie schmunzelnd die Luft ausstoßen. Das war typisch Hina, nicht zu erkennen, wenn er selber etwas leistete. Statt dessen lieber sämtlichen Ruhm anderen zu zusprechen.

    Sie bewegte ihre Hand in seine Richtung. „Erzähl weiter“, forderte sie ihn auf. Es brachte nichts, ihm nun alles zu erklären. Er würde nur ohnehin abstreiten, dass er von sich aus den Angriffen hatte ausweichen können und darauf bestehen, dass der Schwertkämpfer alles – und absolut alles – geplant hatte.

    Hina blickte noch immer unsicher, doch fuhr er fort ohne nachzufragen was sie gemeint hatte.

    „Also: Als ich dann blutend auf dem Boden kniete und der Bogenschütze anordnete, der Schwertkämpfer solle mich töten, haben sich seine Augen kurz in Überraschung geweitet und er ist richtig zurück gezuckt. Also, man hat es richtig gesehen, wie er körperlich zurück zuckte. Eine Sekunde später war er ruhig, als wäre nichts geschehen. Vermutlich hat sein Herr diesen momentanen 'Aussetzer' gar nicht mitgekriegt. Dann schlug er seinem Herrn vor, sie sollten besser meine Sachen rauben, so dass ich mich nicht selbst heilen kann und an Wundfieber oder Blutverlust sterben würde. Bereits da hatte ich dein Eindruck er wolle seinen Herrn von dieser Idee regelrecht überzeugen. Als ob er seinem Herrn nicht einfach nur einen Vorschlag gemacht habe, sondern als wolle er seinen Herrn gerade zu überreden, seine Idee umzusetzen.“

    Aiko stoppte ihn mit einer erhobenen Hand und hakte nach. „Moment, was genau hatten die beiden denn gesagt?“

    Kaum hatte Hina geantwortet, überlegte auch sie kurz und musste ihrem Ehemann dann zustimmen. Es klang wirklich so, als ob der Schwertkämpfer darauf erpicht gewesen war, seinen Herrn davon zu überzeugen den Magier nicht umzubringen, sondern ihm lieber die Sachen zu rauben. Scheinbar hatte Hina – was diesen Punkt betraf – recht und zumindest DAS hatte der Schwertkämpfer geplant. Bei dem anderen? Den vorherigen Schwerthieben, die „getimet“ gewesen sein sollten? Eher unwahrscheinlich, dafür kannte sie vielleicht nicht den Schwertkämpfer – aber dafür Hina – zu gut. Das war eindeutig ein typischer Fall von „Ich sehe nicht, was ich tolles leisten kann. Statt dessen denke ich, ich bin 'nicht gut genug'.“.

    Hina redete weiter, „und als er dann meine Sachen durchsucht hat, hat er mir zeitgleich die Bandagen rein geschmuggelt! Deswegen auch sein letzter Satz, dass wir uns wieder sehen würden. Er wusste, dass ich überleben würde, wegen der Bandagen!“, endete Hina triumphierend seine Ausführungen und Aiko musste ihm zustimmen, dass zumindest der letzte Part glaubwürdig klang.


    „....anschließend bin ich dann ins Bad gegangen und hab die Kleidung ausgewaschen, während sich Hina eine Stunde lang schlafen gelegt hatte“, endete Aiko die Erzählung, die Hina begonnen hatte.

    Der Magier sah seine Frau an. „Ach deswegen sagtest du, ich würde mein Licht unter den Scheffel stellen.“

    Staubi kicherte, nahm dann noch einen Schluck ihres Kaffees. „Aiko hat recht. Tut mir Leid Hina, aber da geht wohl deine Fantasie mit dir durch. Das der Schwertkämpfer – Tippeltom, richtig? Also, dass Tippeltom schnell die Idee hatte, seinen Herrn davon abzuhalten dich umzubringen, in dem er ihn mit einem Raub ködert bzw. mit einem „elenden, schmerzhaften Tod“ deinerseits. Und, dass er dann die Gelegenheit nutzt und dir Bandagen zusteckt. Ok. Aber, dass er die ganze Begegnung mit dir von vornherein geplant haben soll?“, erneut kicherte sie.

    Ihr Gegenüber schmollte, doch konnte er damit die Verlegenheit, die er bei ihren Worten empfand nicht überspielen. Auf Grund dessen fingen Staubi und Aiko an zu lachen.

    Er wurde nur noch verlegener, versuchte sich hinter seinem Latte Macchiato zu verstecken. Jetzt wo er es noch einmal hörte, musste er zugeben, dass es sich wirklich sehr lächerlich anhörte. Doch mussten sie ihn deswegen auslachen? Er war der Erste, der zugab, dass er nicht perfekt war und zu seinen Fehlern gehörte auch – wie er nur widerwillig zugab -, dass er manchmal übertrieb oder um zig Ecken dachte, wie kein normaler Mensch sonst dachte. Was ihm leider oft genug gutmütigen Spott von Seiten seiner Freunde und Ehefrau einbrachte.

    Die gute Stimmung der drei wurde je unterbrochen, durch Lärm, der von der Straße kam. Laute Rufe waren etwas undeutlich zu verstehen.


    Part 2, Teil 7: Ende

  • Krach, so wie wenn etwas zu Bruch geht und laute Rufe waren etwas undeutlich zu verstehen.


    Die drei sahen sich an, auch ohne, dass sie die Rufe deutlich verstanden, wussten sie, was draußen vor sich ging. Es war nicht das erste Mal und es würde auch nicht das letzte Mal sein – leider.

    Hinas Gesicht verdüsterte sich, deutlich seine Missbilligung zeigend.

    „Nicht schon wieder“, Staubis Tonfall war bedrückt-traurig.

    Aiko seufzte nur, das Geschehen draußen zwar nicht gut heißend, es aber akzeptierend, da es mittlerweile schon zu etwas fast normalen geworden war.

    Trotz ihrer unterschiedlichen Reaktionen hatten sie alle den gleichen Gedanken: Raus zu gehen und zu retten, was es zu retten gab.

    Sie legten Gold für ihre Getränke auf den Tisch und verließen das Café.

    Draußen angekommen, sahen sie die Menschentraube, die sich bereits gebildet hatte. Diesmal waren die Rufe deutlich zu verstehen.

    „Ich bitte Sie...“, war das Flehen eines Mannes deutlich zu hören, „bitte haben Sie erbarmen, bitte hören Sie auf... wie soll ich denn meine Familie ernähren wenn Sie.... Nein, bitte nicht auch noch...“

    Erneut war das laute Geräusch von etwas zerbrechendem zu hören.

    Dann konnte man hören, wie an Kleidung gezerrt wurde und schließlich ein Aufschrei.

    „Ah! Meine Hand! Meine Hand!“, brüllte der Mann, seine Stimme schmerzverzerrt.

    Während sich die drei durch die Zuschauermenge kämpften, um zur gegenüberliegenden Straßenseite zu kommen bzw. zu dem Geschäft, welches sich dort befand, brodelte Wut in Hina hoch. Das war so typisch Reiche! Es war nicht das erste Mal, dass solch ein Zwischenfall statt fand.

    Sie dachten ihnen gehörte die Welt und sie hätten das Recht einfach das Eigentum von Fremden zu zerstören. Wahrscheinlich hatte der arme Geschäftsinhaber dem Bogenschützen oder Schwertkämpfer – was immer der Reiche auch war (Magier waren schließlich Sklaven, fielen also von vorn herein weg) – einen Preis genannt, mit dem dieser nicht zufrieden gewesen war. Folge dessen hatte der Reiche damit begonnen sein Geschäft zu zerstören, nur um seine Wut abzubauen, anschließend würde er dem Besitzer Gold für die zerstörten Sachen anbieten und sagen: „Wo ist das Problem? Wieso regst du dich so auf? Ich hab dir doch den Schaden bezahlt.“ und denken, damit wäre es erledigt. Und das Schlimme war, im Regelfall WAR es damit erledigt.

    Die Reichen Nostales sahen gar nicht, dass das was sie machten falsch war. Dass man nicht einfach das Eigentum anderer zerstörte, auch wenn man den Schaden hinterher bezahlte. Für sie spielte es keine Rolle, das Gold. Für sie waren 20 Millionen so viel wert, wie für den Ladenbesitzer 2000 Gold. Sie dachten, dass das Problem mit dem Bezahlen des Schadens aus dem Weg geräumt war und verstanden nicht die harte Arbeit, die der Ladenbesitzer in sein Geschäft gesteckt hatte. Verstanden nicht, dass es zwar auch – aber nicht nur – um den materiellen Wert der Dinge ging.

    Doch gab es zu wenige, die sich dagegen auflehnten, die sich dagegen auflehnen KONNTEN. Die Reichen – Bogenschützen wie auch Schwertkämpfer – hatten im Regelfall so gute Ausrüstungen, so gute Elemente, Waffen und Rüstungen... dass ihnen niemand etwas tun konnte. Eigentlich brauchten sie gar nicht ihre Leibgarde von Level 90 Kämpfern, diese war mehr dazu da, um ihre Macht zur Schau zu stellen.

    Ein Reicher, der 20 Level unter dem eines Armen war... er konnte den Armen ohne größere Mühe töten, so extrem war der Unterschied zwischen ihrer Ausrüstung.

    Und gerade deswegen war es den reichen Schwertkämpfern bzw. Bogenschützen möglich sich so vieles herauszunehmen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

    Als sie sich endlich bis zu den vordersten Reihen der umstehenden Zuschauer vor gekämpft hatten, konnten sie den Ladenbesitzer in der Tür, zusammen gekrümmt und sich wohl seine rechte Hand haltend, sehen. Genaues konnten sie nicht ausmachen, der Mann stand mit dem Rücken zu ihnen, doch waren die Schmerzenslaute und das Wimmern zusammen mit seiner gebeugten Haltung, alle Informationen, die sie brauchten.

    Der Reiche, in einem kostbaren Seidenkimono gekleidet, stand mitten im Laden, ebenfalls mit dem Rücken zu ihnen.

    Der Laden selbst war völlig verwüstet, die Inhalte der Regale auf den Boden geworfen, z.T. zerbrochen, manche der Schränke komplett umgeworfen. Glasvitrinen zerstört, überall lagen Scherben auf dem Fußboden, die Wände waren ruiniert. Es würde Wochen dauern alles wieder herzurichten und die Regale wieder mit neuer Ware zu füllen.

    Diese Reichen....! Hinas Hand ballte sich an seiner Seite zur Faust.

    Der Reiche war etwas außer Atem, doch beruhigte er sich schnell.

    „Hör auf zu winseln!“, fuhr er den Geschäftsinhaber an, welcher noch immer Schmerzenslaute von sich gab und sich seine Hand hielt, „hättest du es vorhin nicht gewagt mich anzufassen, wäre das nicht passiert! Abgesehen davon ist es nur ein kleiner Kratzer. Dass man sich deswegen so anstellen muss und so eine Show abziehen muss...“

    „A...aber meine Hand...“, wimmerte der Arme und bewegte seine Hand in Richtung des Reichen, um diesem die Verletzung zu zeigen. Der Reiche hingegen drehte sich nicht um.

    Ein Aufkeuchen ging durch die Menge. Die Hand des Mannes war schwarz, komplett schwarz. Und ohne einen baldigen Heiler, der die Wunde behandelte, völlig ruiniert und nutzlos.

    Hina eilte zu dem Mann hin und fing an die Wunde zu heilen. Diese verdammten Schwertkämpfer / Bogenschützen! Wie oft hatte Hina am eigenen Leib ihre Misshandlungen erfahren? Wie oft war er nicht nur durch Prügel oder anderen Bestrafungen, sondern auch mit Worten von ihnen verletzt worden? Bis auf wenige Ausnahmen waren sie doch alle gleich! Alles Abschaum, dass den Namen „Mensch“ nicht verdiente! Dass sich in keiner Weise menschlich benahm gegenüber denen, die schwächer waren als sie!

    Hina durchbohrte den Reichen mit Blicken, während er zeitgleich den Mann neben sich heilte.

    Als der Mann geheilt war, machte Hina einen Schritt auf den Reichen zu, wollte ihn so eben herum reißen und verbal anfahren, was er sich denn heraus nehme!

    Doch da drehte sich der Mann schon von sich aus zu ihnen um und Hina bekam den Schock seines Lebens. Er erstarrte inmitten seiner Bewegung, sein Gesicht verlor jedes bisschen Farbe, seine Augen geweitet, zeigten puren Schock, sein Mund halb geöffnet.

    „Das... das kann doch nicht...“, schossen Hina Gedankenfetzen durch den Kopf, „aber... wieso... macht er...“

    Vor ihm stand ein Reicher.

    Ein reicher Magier.


    Teil 2, Part 8: Ende

  • Der Reiche lächelte ihn amüsiert und zugleich herablassend an. „Du siehst aus als hättest du eine phänomenale Erscheinung gesehen.“ Der Blick des Reichen wanderte Hina von Kopf bis Fuß ab, ihn taxierend. „Ist es so schwer zu glauben, dass vor dir ein Magier steht?“, breitete er die Arme bezeichnend aus.

    Hina stolperte einen Schritt zurück, als der Magier vor ihm einen Schritt auf ihn zu machte.

    „Ein Magier...“, hauchte er.

    Der Magier lachte belustigt. „Ja. Das. Genau das Gesicht habe ich schon so oft bei Low-Mages, wie du einer bist, gesehen. Und ich finde es immer wieder aufs Neue amüsant“, schmunzelte er amüsiert, „jetzt kommen gleich die typischen Fragen: Wieso bist du kein Sklave? Wie hast du es geschafft von deinen Herrschaften zu fliehen? Wie bist du an das ganze Gold gekommen? Wie kommt es, dass deine Elemente auf dem höchsten Level sind? Wieso gehörst du zu den Reichen? Et cetera, et cetera.“, wedelte er mit seiner Hand.

    „Ich verrate dir ein kleines Geheimnis“, der Magier trat an sein Gegenüber ran, legte die Hände auf dessen Schultern, beugte sich vor, dass seine Lippen fast das Ohr seines Gegenübers berührten und flüsterte:

    „Ich bin nie ein Sklave gewesen.“

    Wieder durch fuhr Schock Hina, der reiche Magier spürte wie Hina sich kurz versteifte, fasste ihn stärker an den Schultern, lächelte und fuhr im Reden fort, „ich mag ein Magier sein, doch bin ich nicht wie ihr gewöhnlichen Magier und Sklaven. Ich bin besser! Meine Elemente sind besser! Meine Rüstung, Waffen und Resistenzen sind besser! Ich bin von Geburt an bestimmt gewesen als einziger Magier gleichgestellt unter den Reichen zu verkehren. Ich. Bin. Besonders!“, hauchte er ihm ins Ohr.

    Kurz darauf spürte er wie er heftig zurück gestoßen wurde, ließ es geschehen und lachte amüsiert. „Oh?“, grinste er, „habe ich da einen wunden Punkt getroffen?“

    So wie sein Gegenüber ihn gerade anstarrte, mit sichtbarer Wut... der Low-Mage schien kurz davor ihn zu attackieren, was ihn nur noch mehr amüsierte.

    Zwei weitere Personen traten aus der Menschenmenge heraus und stellten sich jeweils Links und Rechts neben den Low-Mage. Waren wohl seine Freunde, wenn man davon ausging wie auch sie ihn wütend anstarrten. Er überflog kurz ihre Jackenembleme und wurde noch belustigter. Sie waren zwar gut fünf Level über ihm – zumindest der Magier und die Schwertkämpferin, die Bogenschützin war etwas höher im Level – doch waren alle ihre Ausrüstungen schlecht. Selbst wenn sie alle zu dritt gleichzeitig angriffen, hätten sie keine Chance gegen ihn. Er würde sie ohne Mühe zermalmen. Der Gedanke allein belustigte ihn aufs Neue.

    „Ihr brauchst mich nicht so wütend anstarren“, schmunzelte er, legte den Kopf leicht schräg, dass seine Ponyhaare vor ein Auge fielen und dieses halb verdeckten, sah mit dem sichtbaren Auge zu den Dreien vor ihm hin, „ihr seid doch alle nichts weiter als Fliegen, die um meinen Kopf herumkreisen. Was wollt ihr schon gegen mich ausrichten? Seht euch doch an? Ihr habt ja nicht einmal das Gold, um für euch selbst zu sorgen. Stattdessen müsst ihr auf die sozialen Leistungen des Staates zurückgreifen“, er schwenkte seine Hand, um zu verdeutlichen, dass er ihre staatlich finanzierte Kleidung meinte. Noch immer schmunzelte er, „nun... das ist ziemlich arm, so auf die Hilfe des Staates, von anderen, angewiesen zu sein. Aber wohl passend: Armseligkeit zu den Armen.“

    Kurz schwenkte sein Blick zu dem Magier. Oh? Sein Blick war nicht düsterer geworden? Hmm... scheinbar musste er andere Worte wählen, wenn er eine Reaktion von ihm haben wollte. Es sah ganz so aus, als ob ihm sein „Armenstatus“ nichts ausmachte. Ah, Moment. Vorhin hatte er ihn zurück gestoßen... hmm... nein, es war nicht seine Aussage gewesen, dass er besser war als der Magier vor ihm – oder zumindest nicht nur. Zuvor hatte sich der Magier eindeutig versteift, als er auf das Thema Sklaven ansprach und erst als er ihm DANN sagte, dass er besser sei, war er zurück gestoßen worden.

    Ah, ok. Also stimmte das Gerücht, dass Der Geheimpfad ein Zufluchtsort für weggelaufene Sklaven war, wo sie als (hier musste er auch gedanklich schmunzeln) 'normale Bürger' leben konnten. Magier waren nie normale Bürger, egal wo sie lebten. Sie waren immer und überall diejenigen, die am wenigsten Schaden verursachten. Die am wenigsten einstecken konnten. Egal wo sie waren, Magier waren alle nur dafür gut ihre Bessergestellten im Kampf zu unterstützen und allenfalls noch als Kanonenfutter zu dienen, damit die wirklich wichtigen Kämpfer fliehen konnten, sollte der Gegner zu stark sein.

    Oh, er vergaß noch eine weitere wichtige Funktion für die Magier, die ihm persönlich am besten gefiel: Ihren Herrschaften in jeglicher Hinsicht zu dienen. Egal ob sie die Räume des Hauses putzten, ihren Herrschaften das Essen kochten und servierten, ihre Kleidung wuschen, sich um ihre Stallungen kümmerten, wo ihre Reittiere aufbewahrt wurden usw. Diesen Nutzen liebte er von allen am meisten. Denn für alle Magier galten die gleichen Regeln – außer für ihn.

    Es war ihm – Packell - vom Schicksal bestimmt gewesen, dass er als Sohn eines reichen Schwertkämpfers und dessen Mätresse zur Welt kam. Allein der Fakt, dass seine 'Mutter' (er verabscheute es selbst in Gedanken von dieser Frau als seine Mutter zu denken) eine Magierin gewesen war, machte ihn das automatisch ebenfalls zu einem. Die Regeln waren streng was das betraf. Keinem dessen Eltern – oder auch nur ein Elternteil – ein Magier gewesen war, war es erlaubt je etwas anderes als ebenfalls ein Magier zu werden. Man war für's Leben gebranntmarkt.

    Doch wie bereits gesagt, hatte er das Glück gehabt, dass sein Vater ein reicher Schwertkämpfer gewesen war. Ein reicher Schwertkämpfer, dessen Ehefrau keine Kinder zeugen konnte. So war er zum rechtmäßigen Erben für dessen Vermögen geworden.

    Er war von seinem Vater mit Liebe aufgezogen worden, trotz dass ihm vorbestimmt war ein Magier zu werden. Sein Vater hatte ihn gelehrt sich Respekt in der Oberschicht zu verschaffen und bereits mit 16 Jahren war er von allen als rechtmäßiger Nachfolger anerkannt worden. Keiner wagte es etwas gegen ihn zu sagen. Keiner wagte es, da es vor ihm noch kein Magier gegeben hatte, der so mächtig gewesen war. Seine Ausrüstung war auf dem höchsten Stand, den es derzeit gab und dazu kam noch der finanzielle Druck, den er gegenüber seinen Widersachern ausüben konnte.

    Nein, in der Tat. Kein Magier in der gesamten Geschichte Nostales, war je so mächtig und einflussreich gewesen wie er – Packell.

    Ihm allein war es bestimmt gewesen dieses Schicksal zu erfahren, keinem anderen.

    Alle anderen Magier – einschließlich die Frau, die ihn gezeugt hatte – waren doch nur Dreck unter seinen Schuhsohlen.

    Es hatte ihn als Kind immer sehr viel Freude bereitet, wenn die Sklaven in ihrem Haushalt erkennen mussten, das er das hatte, was sie nie kriegen würden: Macht, Einfluss, Anerkennung, Freiheit. Statt dessen hatten sie alle ihm selbst zu dienen.

    Er liebte es wenn Magier erkennen mussten, dass er schon immer besonders gewesen war und sie für immer in ihrer armseligen Existenz als Sklaven dahin vegetieren mussten.

    Dieser Magier vor ihm schien keine Ausnahme zu sein. War wohl ebenfalls ein entflohener Sklave. Hmm... vielleicht sollte er mal Nachforschungen betreiben von wem der Sklave weggelaufen war. Er war sich sicher, dass sein ehemaliger Besitzer erfreut wäre, wenn er seinen Sklaven wieder bekäme und ihn für die Schande, die der Sklave ihm als Besitzer eingebracht hatte (Ein Sklave, der es geschafft hatte vor seinem Herrn zu fliehen. Packell war sich sicher, dass sich die Leute über den Besitzer das Maul zerrissen hatten.) zu bestrafen.

    Das brächte ihm einige... 'Gefallen' bei dem Besitzer ein und es wäre ein gutes Druckmittel gegen den Magier vor ihm.

    Sein Blick schwenkte kurz auf die Ringe, die der Magier aber auch die Schwertkämpferin trugen. Ohhhh... Erneut musste er schmunzeln. Sollte das tatsächlich heißen, dass sie verheiratet waren? Wie amüsant, äußerst amüsant. Armselig, aber amüsant.

    „Ihr drei seht mich immer noch so wütend an. Keine Sorge... ich werde den Schaden bezahlen, den ich verursacht habe. Gold spielt keine Rolle. Nennt mir den Preis und die Sache ist erledigt. Und was die Verletzung des Ladeninhabers betrifft... die wurde ja schon von unserem braven, kleinen Magier hier geheilt“, schmunzelte er noch immer.

    Ah! Endlich eine Reaktion, ein – beinahe – gefährliches Aufblitzen in seinen Augen. Gefährlich wäre es nur, wenn seine Ausrüstung nicht so lachhaft wäre. Wie er vermutet hatte, der Magier mochte es also nicht wenn man ihn wie einen Sklaven behandelte.


    Teil 2, Part 9: Ende

  • Er trat an den Besitzer ran, betrachtete sich ausgiebig die geheilte Hand, schielte dann kurz zu dem Magier, dessen Blick immer noch stechend auf ihn gerichtet war. „Ich muss zugeben... gute Arbeit. Nicht jeder Mage schafft es eine solch üble Verbrennung vollständig zu heilen, dass selbst keinerlei Narben zurück bleiben.“

    Sein Blick schwenkte zu der Schwertkämpferin. „Ist das der Grund, warum du ihn dir als Sklaven genommen hast?“

    „Das...!“, wollte die Schwertkämpferin so eben wütend aufbegehren, doch unterbrach er sie mit in Beschwichtigung, erhobenen Händen.

    „Ruhig, ruhig. Kein Grund so aggressiv zu reagieren. Ja, ja... ihr seid 'verheiratet' (er machte bei dem Wort Gänsefüßchen in die Luft) laut eurer Ringe am Finger. Doch nennt es wie ihr wollt... ein Sklave bleibt immer ein Sklave und ein Herr – pardon, eine Herrin – immer eine Herrin.“

    Erneut beobachtete er ihre Reaktionen. Hm? Der Magier zeigte keinerlei Reaktion? Blickte ihn nur mit ausdruckslosen Augen an, keinerlei Regung im Gesicht, noch nicht einmal ein Zucken der Hand, das darauf schließen ließ, dass er sie wütend zu einer Faust ballen oder zu seiner Waffe greifen wollte.

    Hatte er sich bzgl. seiner Vermutung geirrt oder war der Magier vielleicht leichter zu brechen gewesen, als er angenommen hatte? War er sich vielleicht allein durch die wenigen Worte bereits, wieder bewusst geworden, was sein sozialer Stand war? Wo er hingehörte? Hmm... so richtig konnte er das selbst nicht glauben. Auch wenn die Augen des Magiers ausdruckslos waren, so waren es aber definitiv nicht Augen eines Sklaven, die gebrochen worden waren. Nein, in diesen Augen steckte noch zu viel Kampfwille, als dass er glauben konnte, der Magier wäre bereits durch seine wenigen Worte gebrochen worden. Nun ja... schade nur, dass der Magier ÜBERHAUPT keine Reaktion zeigte.

    Ah, aber dafür zeigte die beiden anderen – insbesondere die Schwertkämpferin – umso schönere Reaktionen. Der Blick der Bogenschützin war noch finsterer geworden, eine Hand war an einem ihrer Bumerangs, welche sie jeweils an ihren Oberschenkeln festgeschnallt hatte, bereit ihre Waffe zu ziehen, es aber – noch – nicht machend.

    Die Schwertkämpferin war einen Schritt auf ihn zu getreten, sich vermutlich mehr unbewusst als bewusst, halb schützend vor den Magier stellend.

    „Das ist nicht wahr! Ich behandele Hina nicht wie meinen Sklaven! Ich bin nicht wie du und... und deines gleichen!“, begehrte sie wütend auf.

    Aha, der Magier hieß also Hina. Hina? War das nicht ein Frauenname? Hmm... mit größter Wahrscheinlichkeit war der Name falsch und er hieß in Wirklichkeit anders. So würde er nicht an den echten Namen des Magiers ran kommen.

    „Verzeihung, meine Dame“, deutete er eine Verbeugung an, „meine Worte waren wohl... unpassend. Ich hatte nicht beabsichtigt, Sie so in Rage zu bringen. Wobei ich zugeben muss...“, schmunzelte er sie an, „dass Sie wütend äußerst attraktiv wirken.“

    Sie war so überrumpelt über sein plötzliches Flirten, dass ihre Wut tatsächlich verblasste.

    Er rechnete damit, dass der Magier eifersüchtig reagierte, doch noch immer zeigte dieser keinerlei Reaktion. Stattdessen trat die Bogenschützin ebenfalls vor. Diesmal hatte sie ihren Bumerang gezogen und warf diesen in ihrer Hand fröhlich auf und ab.

    „Das reicht!“, lächelte sie gut gelaunt, „meinst du nicht, dass du mittlerweile genug Schaden verursacht hast? Ich mein... du hast diesen Laden hier völlig verwüstet, einen Mann so stark verletzt, dass – wäre nicht zufällig ein Magier anwesend gewesen – er seine Hand für den Rest seines Lebens nie wieder hätte normal gebrauchen können, da seine Nerven bei dieser Verbrennung definitiv komplett hinüber gewesen sind. Die Schmerzen die er gespürt hat, waren wohl nur durch den Schock und den Rändern, wo die Verbrennung endete und nicht mehr so stark war,“ lächelte sie fröhlich, „auch wäre seine Hand für immer mit Narben entstellt gewesen. Vermutlich hätten die Narben sogar seine Bewegung extrem eingeschränkt“, sie lächelte noch immer gut gelaunt, im kompletten Kontrast mit ihren Worten

    Sie fuhr fort, „Danach beleidigst du beide meiner Freunde und besitzt dann auch noch die Dreistigkeit mit einer verheirateten Frau, dessen Mann direkt neben ihr steht, zu flirten.“

    Packell war im ersten Moment völlig verwirrt über ihre scheinbar plötzlich aufgetretene gute Laune, im zweiten Moment erkannte er, dass unter ihrer guten Laune noch immer der gleiche Zorn wie zuvor brodelte, sie verbarg es nur sehr gut.

    Er schmunzelte auch sie amüsiert an, wollte so eben ansetzen etwas zu erwidern, als der Magier das Wort ergriff.

    „Staubi hat recht“, seine Stimme war ernst und genauso ausdruckslos wie sein Blick, „ich verrate dir ein kleines Geheimnis“, gab er die gleichen Worte zurück, die er bekommen hatte, sein Tonfall immer noch komplett ausdruckslos – fast schon monoton. Aber gleichzeitig ein solcher Ernst in seiner Stimme, dass seine Worte gefühlsarm und distanziert klangen, als wäre er nur ein Beobachter und nicht tatsächlicher Teil des Geschehens, „mir ist ziemlich egal, ob du mich als Sklave bezeichnest und auf mich herab siehst. Ob du sagst, dass ich Aikos Sklave sei oder nicht. Was mir nicht egal ist, ist der Fakt, dass du meinst mit Gold wäre alles wieder in Ordnung. Du zerstörst aus einer Laune heraus, alles wofür dieser Mann hier gearbeitet hat. Prinzipiell würde ich ja sagen, dass gerade ein Magier wissen sollte, wie es ist, wenn auf einen herab gesehen wird. Aber laut deiner Worte hast du scheinbar nie diese Erfahrung gemacht. Du bist wirklich erbärmlich.“


    Part 2, Teil 10: Ende

  • Erbärmlich? Erbärmlich?! Dieser Low-Mage sagte ER wäre ERBÄRMLICH?!!

    Wer war es denn, dem alle – selbst in der Oberschicht – Respekt entgegen brachten?! Wer hatte alles im Leben erreicht, was man nur erreichen konnte?!

    Und dann wagte es dieser...dieser... 'Sklave' ihm zu sagen, er wäre ERBÄRMLICH?!!

    Oh nein, solch eine Respektlosigkeit würde er nicht durch gehen lassen! Es war höchste Zeit, dass dieser Magier zurück zu seinem Herrn gebracht wurde und anschließend dieses ganze NEST – dieser... 'Geheimpfad' – dicht gemacht wurde! Ausgeräuchert!

    Sklaven, die wie 'normale Menschen' behandelt wurden! Hah! Wo hatte man sowas schon gehört? Es war komplett wider jeglicher Regeln und Gesetze! Und Arme, die scheinbar nicht arm genug waren, wenn sie sich solche Dreistigkeiten herausnahmen – ihn, einen Reichen – zu beleidigen und ernsthaft attackieren zu wollen. Prinzipiell fände er solch ein Verhalten von Seiten der Armen mehr amüsant, als irgendetwas anderes. Doch, dass sie auch noch diesen... 'Magier' in Schutz nahmen...! Einen entflohenen Sklaven, der eindeutig verlernt hatte, wo sein Platz war!

    Trotz seines inneren Wutausbruches ließ er sich nach Außen hin nichts anmerken. Er als einer der Oberschicht hatte gelernt, nicht zu verraten, was seine wahren Gedanken waren. Es war eine der Grundvoraussetzungen, wenn man in der Oberschicht überleben wollte.

    Noch immer amüsiert vor sich hin schmunzelnd, antwortete er.

    „Du nennst mich erbärmlich, aber lasst uns doch ehrlich miteinander sein? Wer zahlt denn für eure staatlichen Unterstützungen? Wir, wir Reichen. Ohne uns hättet ihr doch noch nicht einmal Kleidung am Leib. Geschweige denn etwas zu Essen oder ein Dach über den Kopf“, er zuckte mit den Schultern, „doch erwarte ich nicht, dass ein Sklave, seine Herrin und eine...“, er sah Staubi von Kopf bis Fuß an, sah ihre ebenso zerschlissene Kleidung wie Hinas Outfit gewesen war, welches er beim Aufeinandertreffen mit Tippeltom getragen hatte, „räudige Straßenhündin so etwas überhaupt in Betracht ziehen. Ihr Armen habt verständlicherweise einfach nicht die Bildung, um etwas anderes zu sehen, als eure eigene kleine, beschränkte Welt.“

    Die Bogenschützin lachte auf. „Ach? Und deine Welt ist nicht beschränkt? Ein guter Witz, wirklich“, grinste sie, doch im nächsten Moment wurde ihr Gesichtsausdruck ernst, „aber wie ich schon vorhin sagte: Mir reicht es mittlerweile mit dir. Wenn du nicht von dir aus unser Dorf verlässt, dann werden wir dich gerne hinaus geleiten!“

    Sie und die Schwertkämpferin tauschten kurz einen Blick miteinander aus und griffen dann zeitgleich an.

    Ohhh... wie er es liebte, wenn Pläne nach seinen Vorstellungen abliefen. Er als Reicher konnte nicht einfach Arme angreifen, ohne einen riesigen Skandal zu provozieren. Doch wenn Arme IHN angriffen, dann war er nur das bedauernswerte Opfer, welches sich mit Müh und Not verteidigt hatte.

    Als die beiden Frauen angriffen, konnte er noch einen lauten „Nicht! Das ist es was er...!“-Ruf von dem Magier ausmachen, doch hörten die beiden nicht auf ihn.

    Huh... war der Magier also doch so clever, wie er ihn eingeschätzt hatte. Zwar schade, dass der Magier seinen Plan durchschaut hatte und nicht darauf eingegangen war, aber es war nicht unerwartet. Es war ohnehin egal, der Magier würde nie seine Freunde einfach so alleine kämpfen lassen, gegen einen Gegner, der stärker war als sie.

    Und wie er ihn eingeschätzt hatte, sah er – während er den Angriffen der beiden Kämpferinnen auswich – wie der Magier kurz seufzte und dann anschließend seinen Zauberstab ergriff, um mit diesem sich selbst und seine Freunde durch einen Waffenverstärkungszauber und Schadensverringerungszauber zu stärken. Anschließend griff auch er an.

    Das war es, worauf er gewartet hatte. Diesmal wich er den Angriffen der drei nicht aus, sondern attackierte seinerseits mit einem heftigen, schneidend kalten Wind, der seine Angreifer wortwörtlich zurück warf. Sie landeten allesamt ungraziös und vermutlich schmerzhaft, auf dem Boden oder prallten gegen Wände, von wo aus sie schließlich zu Boden fielen.

    „Ah...das... das tut mir aufrichtig leid“, er schaffte es sogar bei diesen Worten sein Schmunzeln nicht zu zeigen, sondern eine bedauernde Miene aufzusetzen, „ich fürchte, ich habe meine Kräfte wohl unterschätzt... oder euch überschätzt.“

    Geraune ging durch die Reihen der Zuschauenden, sein Angriff war so schnell gekommen, dass sie nicht einmal mehr Zeit gehabt hatten vor Schreck aufzuschreien, als die drei zurück geschleudert wurden.

    Trotz des Geraunes der Leute... wie zu erwarten, traute sich keiner, den dreien vor ihnen, zu helfen. Es war ja so lächerlich. Arme würden halt immer Arme bleiben.

    Die drei zu Boden gestreckten, begannen damit sich mühsam und stöhnend aufzusetzen, wohl um einen erneuten Angriff zu... 'versuchen', war wohl das passende Wort.

    Erneut schmunzelte er auf seine möchte-gern Angreifer herab, aufs tiefste amüsiert von ihren so nutzlosen Bemühungen ihm Schaden zu zufügen. Das Einzige was sie damit erreichten war, dass er anschließend ganz legitim berechtigt war, gegen sie gesetzlich vorzugehen.

    „AUFHÖREN!“, donnerte eine Stimme, alle Blicke flogen in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.


    Part 2, Teil 11: Ende

  • Im ersten Moment konnte keiner erkennen, wer gesprochen hatte, doch nur eine Sekunde später kämpfte sich – die Leute grob zur Seite schubsend und sich so einen Pfad frei bahnend – eine groß gewachsene Schwertkämpferin zu ihnen vor. Sie hatte ihre feuerroten Haare in einem hohen Pferdeschwanz zusammen gebunden, trug feste dunkelbraune Lederstiefel, eine ebenfalls braune Lederhose, dazu ein – wie es schien – Herrenhemd, ebenfalls in dunkler Farbe.

    Ihre gesamte Kleidung war zwar soweit in Ordnung, aber der Staub, der sich überall auf ihren Stiefeln und ihrer Hose befand, wie auch die hier und da zu sehenden Knitterfalten an ihrem Hemd zeigten, dass sie wohl nicht all zu viel wert auf ihr Äußeres legte. Ihr schien es wohl eher darum zu gehen, dass die Kleidung praktisch und bequem war, als dass sie darin gut auszusehen hatte.

    „Hört sofort mit dieser Kinderei auf!“, ihr Blick glitt streng nicht nur über den Reichen, sondern auch über die drei Armen, „was bringt es euch bitte schön, wenn ihr euch mit ihm prügelt?! Ihr werdet ohnehin den Kürzeren ziehen! Mit dem Bonus, dass ihr ihm auch noch in die Hände spielt! Er will doch nur einen Grund haben, gegen euch gesetzlich vorgehen zu können! Oder seid ihr wirklich solche Hohlköpfe, dass ihr das nicht gecheckt habt?!“

    Ein erneutes Raunen war durch die Menge gegangen, als die Schwertkämpferin hervor getreten war, überall hörte man gewispert „Bella Raika“.

    Hina, Staubi und Aiko waren mittlerweile wieder auf den Beinen und hatten sich beim Auftauchen der neuen Kriegerin zueinander gestellt.

    Staubi und Aiko sahen im ersten Moment überrascht zu der Schwertkämpferin hin, Aiko mehr freudig-überrascht, als nur überrascht.

    Doch als dann die Kriegerin anfing sie wie Schulkinder zurecht zu weisen, kratzte es stark an den Egos von Aiko und Staubi, mussten sie doch zugeben, dass die Schwertkämpferin recht hatte und sie unüberlegt gehandelt hatten. Der gemurmelte Kommentar „Hab ich's nicht gesagt? Hättet ihr mal auf mich gehört.“ von Hina machte es nicht besser. Als Danke schön gab Aiko ihrem Ehemann einen Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen.

    Der Reiche hatte sich von der plötzlich aufgetretenen Unterbrechung erholt und lächelte die Schwertkämpferin höflich an. „Ich muss schon sagen meine Dame, Sie wissen wie man einen Auftritt macht. Ich bin Louis Packell“, verbeugte er sich leicht, „und Ihr werter Name...?“

    „Also einmal bin ich keine Dame und zweitens haben die Typen hinter mir“, sie zeigte mit dem Daumen über ihre Schulter, „ja wohl oft genug meinen Namen genannt! Wenn du meinen Namen dann immer noch nicht weißt, bist du ein genauso großer Hohlkopf wie diese drei da!“, zeigte sie mit dem Kopf auf Aiko, Hina und Staubi.

    Staubi fing an zu kichern, als sie sah wie bei Bellas Worten das höfliche Lächeln auf dem Gesicht des Reichen zusammen fiel.

    „Bella...“, lächelte Aiko nachsichtig, „es ist auch schön dich zu sehen.“

    Hina beugte sich zu Staubi und flüstert:

    „Wer ist sie?“

    Staubi sah ihn an, als hätte er so eben das Dümmste schlechthin gesagt. Zumindest bekam er das Gefühl, dass es wohl äußerst dumm gewesen war, wenn er sich so ihren Gesichtsausdruck betrachtete.

    „Du kennst Bella Raika nicht?“

    Ein verneinendes Kopf schütteln zur Antwort.

    „Manchmal frag ich mich wirklich wo du lebst Hina. Sie ist die berühmteste Schwertkämpferin weit und breit.“

    Hina sah sie immer noch ahnungslos-fragend und absolut unbeeindruckt an. „Und was macht sie so berühmt? Sorry, aber ich scher mich nun mal nicht um solche 'Stars'“, kommentierte er trocken.

    „Sie hat schon zig Male mit einigen Mitstreitern unsere Dorfgrenzen gegen die Wüstenräuber verteidigt.“

    Diesmal klingelte es auch bei Hina. Dass nicht weit von der östlichen Dorfgrenze die Wüste begann war jedem bekannt und auch, dass sich dort Räuber herum trieben, die es nur zu gerne auf Reisende abgesehen hatten. Ab und zu drangen sie sogar bis an die Dorfgrenzen vor, doch waren sie bisher immer zurück geschlagen worden.

    Als sie die Erkenntnis in den Augen Hinas las, fuhr Staubi fort, „aber das ist nicht der Hauptgrund, warum sie so berühmt ist. Ihren Ruhm hat sie ihrer Furchtlosigkeit und ihrem kämpferischen Geschick zu verdanken. Wann immer sie in den Kampf zieht, kämpft sie stets an vorderster Front. Sie ist geradezu eine Ein-Frau-Armee und dient den anderen als Bollwerk, um unbeschadet weiter in die gegnerischen Reihen vordringen zu können.“

    Hina blickte noch einmal zu der Schwertkämpferin hin, betrachtete sie sich und musste sagen, dass er beeindruckt war, wenn auch nur die Hälfte von dem stimmte, was Staubi ihm so eben erzählt hatte. Bis auf ihre Größe, die etwas größer war, als bei den meisten Frauen, war sie komplett wie jede andere Frau gebaut. Keine extremen Muskeln oder ähnliches und trotz dessen, schaffte sie es als 'Bollwerk' zu dienen? Ja, wenn das stimmte... Hina war offiziell beeindruckt.

    Bella schaute kurz zu den drei Hohlköpfen hin, die so überheblich einen Reichen angegriffen hatten, als sie von einer der drei Figuren angesprochen wurde.

    „Ach, du Aiko?“, lachte sie, „das hätte ich mir auch denken können. Wo auch immer Trouble ist, bist du nicht weit.“

    Aiko rollte mit den Augen. „Wie oft willst du noch die Mentorin spielen? Ich bin schon seit Jahren nicht mehr deine Schülerin.“

    Bella ging nicht auf die Worte ein, betrachtete sich stattdessen den Mann neben ihrer einstigen Schülerin. „Und das ist dann wohl dein Ehemann, der Magier, der so brillant sein soll?“

    Hina sah Aiko mit einem Blick an, der eindeutig sagte: „Was bitte schön hast du ihr erzählt?!“

    Dennoch trat Hina vor und reichte ihr die Hand. „Ja, ich bin ihr Ehemann und Magier von Beruf. Ob brillant ist jedoch eine andere Frage. Aiko übertreibt gerne“, lächelte er während er ihre Hand schüttelte, „Hina. Angenehm. Und das hier ist Staubkind. Eine Freundin von uns.“

    Die Bogenschützin schüttelte ihrerseits die Hand der Schwertkämpferin. „Nenn mich Staubi.“

    Kaum waren die Begrüßungen vorüber schnappte sich Bella Aiko, schlang einen Arm um ihre Schultern und zog sie näher zu sich ran.

    „Also... Nun erzähl schon Chibi... wer von euch beiden ist oben?“, 'flüsterte' sie zu Aiko, doch war ihr Flüstern so laut, dass auch alle Umstehenden ohne Schwierigkeiten mithören konnten.

    Aiko wurde knallrot und quiekste geschockt, „Bella! Lass das! Das ist privat und geht dich überhaupt nichts an!“

    „Natürlich geht mich das was an! Du bist meine ehemalige Schülerin! Was für eine Mentorin wäre ich, wenn ich mich nicht um das Wohl meiner Schülerin sorgen würde?“

    Aiko fing an unzusammenhängende Sätze zu stammeln, die Röte in ihrem Gesicht weitete sich zu ihren Ohren und Hals aus.

    Ja, nickte Hina zu sich selbst, jetzt verstand er warum Aiko immer so schüchtern war, was diese Dinge betraf. Bei solch einer Lehrmeisterin wäre wohl jeder vorgeschädigt.

    Aiko schaffte es sich aus der Umarmung ihrer Lehrmeisterin zu befreien, diese ließ es geschehen und wand sich anschließend wieder zu dem Reichen um, machte einige Schritte auf ihn zu.

    „Und was dich betrifft: Hast du Vollidiot noch immer nicht kapiert, dass du hier unerwünscht bist? Los! Mach dich vom Acker!“, zeigte sie mit dem Daumen über ihre Schulter zum Ausgang, „aber wenn du unbedingt darauf bestehst mit meiner niedlichen Schülerin (Aiko: „Ich bin nicht mehr deine Schülerin!“) und ihren Freunden zu spielen, werde ich mitspielen“, zog sie ihr Schwert und ließ es auf ihrer Schulter ruhen, „und glaub mir... ob Reicher oder nicht, du bist und bleibst nur ein Magier, der gegen einen Schwertkämpfer wie mich keine Chance hat! Ich habe schon gegen Monster gekämpft, da lagst du noch in den Windeln!“

    Packell war die gute Stimmung vergangen. Wie konnte eine Person – dazu noch eine Frau – nur so dermaßen ordinär sein?!

    Er blickte auf ihr Jackenemblem und hielt geschockt inne. Nicht nur, dass sie Level 88 war, ihre Ausrüstung war auch noch in äußerst gutem Zustand. Nicht ganz so gut wie seine eigene, aber bei weitem besser, als es für die Unterschicht die Norm war. Das zusammen mit ihrem Level, welches um Acht höher war als sein eigenes....

    Packell nickte abgehackt. Er wusste, wann es besser war den Rückzug anzutreten.

    „Einverstanden. Ich werde gehen, doch... wer bezahlt dann den Schaden?“, schmunzelte er erneut, sein letztes Ass ausspielend.

    Doch hatte er sich bei ihr verkalkuliert.


    Part 2, Teil 12: Ende

  • Und mit diesem letzten Part, ist Part 2 dann auch schon beendet.

    Wie viel kürzer die Story doch gleich wirkt, wenn (leider) keine Kommentare der Leser dazwischen sind. Im letzten Forum war ich mit Beendigung von Teil 2 auf Seite 3. Jetzt hab ich nicht einmal die erste Seite beendet.



    Sie grinste ihn frech an, „na du natürlich! Hast du etwa geglaubt ich ließe dich einfach so heraus spazieren? Abgesehen davon hat mir ein kleines Vögelchen gezwitschert, dass es sich für 'brave' Reiche gehört, dass sie erst alles verwüsten, was ihnen in die Quere kommt, nur um den ganzen Vorfall dann mit Gold verschwinden zu lassen und ihre Weste rein zu waschen. Habe ich nicht recht?“, fragte sie, ihm ihr Schwert an den Hals haltend.

    Er hingegen verzog keine Miene, begann dann zu lächeln. „Bella Raika, nicht? Miss Raika... Sie sind überraschenderweise sehr erfrischend in Ihrer Art“, er zog einen Beutel Gold hervor, „hier das Gold für den verursachten Schaden. Doch glauben Sie nicht, dass ich es wegen Ihrer Drohung zahle. Ich hatte mich von vorn herein dazu bereit erklärt, für den Schaden aufzukommen und ich halte mein Wort“, warf er den Beutel zu dem Geschäftsinhaber.

    Er bewegte mit seiner Hand ihr Schwert weg, als wäre es keine scharfe Klinge, sondern nur ein trockener Holzzweig, ging an ihr vorbei und zum Ausgang.

    „Adiéu... man wird sich bestimmt irgendwann wieder sehen. Wie heißt es nicht? Man begegnet sich immer zweimal im Leben“, sprach er seine Abschiedsworte, während er fort ging.


    Nachdem der Reiche verschwunden war, brach ein Beifallsgetöse aus, das seinesgleichen suchte. Die Menge feierte Bella Raika.

    Aiko trat auf ihre einstige Mentorin zu. „Danke für die Hilfe. Und? Kommst du noch mit zu uns? Du kannst auf der Couch schlafen und...“

    „Lass nur Chibi“, unterbrach Bella ihre Schülerin, „ich bin nur auf der Durchreise. Hab noch einiges zu erledigen.“

    Aikos Gesichtsausdruck fiel. „Oh...“

    „Na, mach nicht so ein Gesicht“, nahm Bella sie in den Schwitzkasten und wuschelte ihr Haar, „wir werden uns bestimmt bald wieder sehen und wenn ich wieder in der Stadt bin, besuche ich euch für länger.“

    Sie ließ ihre Schülerin los, sah dann zu dem Magier hin.

    Dieser grinste sie gut gelaunt an. „Ich weiß schon was du sagen willst: Dass ich gut auf sie aufpassen soll und darauf achten soll, dass ihr niemand ein Haar krümmt. Oder ich kriege es mit dir zu tun.“

    Bella sah ihn für Sekunden lang einfach nur an, brach dann in schallendes Gelächter aus. „Mein Junge, du hast da etwas noch nicht verstanden. Ich mach mir eher mehr Sorgen um DEINEN Arsch, als um IHREN und wollte dir gerade sagen, dass du sie besser ihren Job machen und dich von ihr beschützen lässt. ...ODER du kriegst es mit mir zu tun“, grinste sie den völlig perplex drein blickenden Magier an.

    Dann fasste dieser sich und grinste zurück, sichtbar amüsiert. „Geht klar“, reichte er ihr zum Abschied erneut die Hand.

    Sie ergriff seine Hand, diesmal am Handgelenk, in einem Handschlag für Krieger, ihm Respekt zollend.

    Er nickte ihr verstehend zu und lächelte.

    Anschließend winkte sie der Bogenschützin, wuschelte ihrer kleinen Schülerin, die nicht mehr so klein war, zum Abschied noch einmal durch die Haare und machte sich auf den Weg.


    Die drei sahen ihr nach. Hina grinste, „was für ein Charakter...“

    Aiko lachte auf. „Hina: Du weißt noch nicht einmal die HÄLFTE...“

    Dies weckte das Interesse von Staubi und Hina.

    „Oh?“, zog Hina interessiert eine Augenbraue hoch, stellte sich dann zwischen die Mädels, schlang jeweils einen Arm um ihre Schultern, „na, dann kannst du uns die Details ja alle gleich haarklein erzählen. Bei einem Latté Macchiatto und“, er sah Staubi an, „einem Kaffee.“

    Staubi lachte fröhlich, „hört hört! Kaffee klingt super!“, während sie den Ort des Geschehens verließen.

    Sie wurden nicht mehr gebraucht um weiteren Schaden abzuwenden. Der Reiche war vertrieben, die Verletzung des Ladenbesitzers geheilt und es gab genügend helfende Hände, um mit dem Gold, dass der Reiche dem Ladenbesitzer gegeben hatte, das Geschäft wieder aufzubauen.

    So machten sich die drei Freunde auf, wieder dorthin zu gehen, wo alles den Morgen begonnen hatte: Ins Café.


    Part 2: Ende

  • Ich lade hier noch Part 3 hoch.

    Falls ich danach immer noch den Eindruck habe, dass die Story eh keinen mehr interessiert, weil keiner kommentiert oder groß die Parte liked... - dann werde ich es mir wohl doch zweimal überlegen, ob ich mir die Arbeit mache und den Rest bearbeite und hochlade.

    Ich hab bereits jetzt schon bei Part 3 überlegt, ob es sich noch lohnt. Einmal versuch ich's noch... wenn dann keine Reaktionen kommen... dann kann ich mir die Arbeit wohl sparen. :langesgesicht:



    Es war noch nicht einmal ein ganzes Jahr vergangen und doch hatte sich so vieles verändert. Die Armutsrate war rapide angestiegen und die Definition von „Armut“ an sich, hatte sich ebenso zum Negativen verschlimmert.
    Hatte die arme Bevölkerung vor nicht mal elf Monaten gedacht, sie wäre arm, da sie jedes Goldstück einzeln umdrehen mussten und immer im Hinterkopf hatten, dass sie sich die meisten Dinge einfach nicht leisten konnten... Folge dessen ihr Lebensstandard stark eingeschränkt war. Sie hatten wann immer sie mal etwas in einem der Geschäfte sahen – und sei es nur eine Kleinigkeit für wenige Goldstücke – innerlich oftmals den Wunsch gehabt, sich doch ausnahmsweise dies mal zu gönnen und zu kaufen. Doch jedes Mal waren sie schließlich einfach weiter gegangen, da sie sich sagte, dass sie das Gold anders besser und sinnvoller anlegen konnten – zum Beispiel für Nadel und Faden, um den erneut kaputt gegangenen Pullover der eigenen Tochter zu flicken.
    Wenn solch ein eingeschränkter und kaum noch vorhandener Lebensstandard die Armut definiert hatte, so war es nichts im Vergleich zu dem, was heutzutage unter „Armut“ fiel.
    Die meisten Menschen lebten mit zwei oder drei Familien in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung (einschließlich Küche und Bad), um die Miete für die Wohnung zahlen zu können. Viele hatten noch nicht einmal eine Wohnung und lebten auf der Straße.
    Hunger war ihr ständiger Begleiter, auch bei denen, die wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Die meisten Häuser waren völlig herunter gekommen und doch lebten dort noch Menschen. Die Straßen waren dreckig und Ratten hatten sich ausgebreitet. Seuchen waren an der Tagesordnung und die Anzahl der Toten, die die Seuchen täglich dahin raffte, ebenso.
    Für Magier war diese Welt ein zweischneidiges Schwert. Einerseits waren sie fast schon wie Götter verehrt, da sie die Einzigen waren, die durch ihre Magie die Menschen von jeglicher Art von Krankheit heilen konnten. Wo keine Kräuter, Tränke und Salben mehr gegen die Seuchen halfen, da half noch immer die Magie der Magier.
    Doch andererseits... waren sie die Einzigen, die durch ihre Magie die Menschen heilen konnten.
    Die Reichen hatten verstärkt Wachen aufgestellt, kein Sklave konnte mehr einen Schritt machen, ohne unter ständiger Beobachtung zu stehen. Die Sklaven waren nun die lukrativste Einnahmequelle der Reichen geworden. Sie verlangten Gold von den Erkrankten und im Gegenzug wiesen sie ihre Sklaven an, dass sie die betreffende Person zu heilen hatten.
    Konnte die Person den Goldpreis nicht bezahlen, war ihr Schicksal besiegelt – was nur leider all zu oft vorkam.
    Für die wenigen Magier, die in Freiheit lebten, war es gefährlicher denn je geworden. Mittlerweile gab es überall „MH“s – Mage Hunters. Die Idee, dass freie Magier von Jägern eingefangen und versklavt oder zu ihren alten Herrschaften, vor denen sie es geschafft hatten zu fliehen, zurück gebracht wurden, war an sich nicht neu. Nur die Intensität mit der das Ganze betrieben wurde. Mittlerweile heuerten sogar arme Städte MHs an (Die Armen legten alle das Gold, was sie entbehren konnten – oder z.T. sogar nicht entbehren konnten - , zusammen um sich einen MH zu leisten.), in der Hoffnung durch einen Magier, der die Kranken heilte, würden sie gerettet und aus ihrer Not erlöst werden.
    Zu guter Letzt waren auch verstärkte Maßnahmen getroffen worden, freie Magier aufzuspüren.
    Die versklavten Magier wurden, sollte ihnen von ihren Herrschaften aufgetragen worden sein, etwas zu kaufen, jedes Mal durch einen Ausweis, den sie vorzeigen musste, wenn sie nach diesem gefragt wurden, kontrolliert. Die Kontrolle diente der Feststellung, ob der Magier tatsächlich jemandem gehörte und nicht womöglich ein entflohener Sklave sei. Wer den Ausweis nicht vorzeigen konnte, wurde automatisch den MHs gemeldet.


    Hina selbst hatte sich ebenso verändert. Er hatte seine schwarzen Haare ein wenig wachsen lassen, insbesondere den Pony, dass nun sein rechtes Auge immer durch seine Haare verdeckt wurde und einige wenige längere Strähnen auch über das Linke fielen. Auch hatte er sich die Haare Pink gefärbt. Nun... gefärbt war nicht ganz der passende Ausdruck. Er hatte diesen Zauber selbst entwickelt und sich zu erst die magischen Färbemittel, die es in Boutiquen zu kaufen gab, als Muster genommen.
    Doch hatte er sich die Haare nicht einfach färben wollen. Es war ihm zu aufwendig gewesen, dann ständig die neuen Haaransätze nachfärben zu müssen. Er hatte lange Zeit rumgetüftelt und probiert – und ganz nebenbei Aiko halb zum Wahnsinn getrieben, Staubi hingegen hatte sich die ganze Zeit köstlich amüsiert und sich vor Lachen nicht mehr eingekriegt – und war schließlich zum erwünschten Erfolg gekommen.
    Er war in der Lage durch den Zauber seine DNA zu verändern. Wann immer nun seine Haare nachwuchsen, wuchsen sie automatisch Pink nach, ohne extra erneutes nachfärben.
    Aiko hatte ihm, während sie schmunzelnd den Kopf schüttelte, gesagt, dass er spinne, sich die Haare ausgerechnet Pink zu färben.
    Sie hatte nichts dagegen, dass er sich die Haare färbte, nur dass es halt ausgerechnet Pink war verstand sie nicht und er wollte es ihr zugegebenerweise auch nicht erklären. Sie hätte seinen Grund zwar nachvollziehen können, aber wirklich VERSTEHEN... - nein. Sie war nie ein Sklave gewesen und wusste nicht wie es sich anfühlte.


    Part 3, Teil 1: Ende

  • Er hatte sich dazu entschieden seine Haare zu färben, um sich selbst gegenüber symbolisch einen Schlussstrich zu ziehen, da er nun endlich das Gefühl hatte, er wäre WIRKLICH und WAHRHAFTIG sein eigener Herr. Selbst Aiko hatte kommentiert, dass er bei weitem selbstsicherer geworden war und eigentlich gar keine Unsicherheit mehr zeigte. Ab und zu die alltäglichen Selbstzweifel, die jeder mal hatte und die ganz normal waren. Aber nicht mehr seine extreme Unsicherheit, ob er 'gut genug' sei.

    Und Pink? Nun... das mochte zugegeben etwas kindisch sein, aber die pinke Farbe gab ihm das Gefühl von 'rebellischem', ein wenig als ob er sich (erneut) gegen seine Herren auflehnte.

    Eine weitere Veränderung war sein Kleidungsstil. Nachdem, nach einem weiteren Kampf, seine grüne Jacke komplett ruiniert war, hatte er nur wenige Wochen später ein Paket zugesendet bekommen, in dem ein schwarzer, Ärmel bestückter Mantel mit Kapuze war. Wer den Mantel geschickt hatte, wusste er nicht. Der Postbote hatte ihm nur mitgeteilt es sei von einem „wohltätigen Gönner“ und das dieser ihm ausdrücklich gesagt habe, er solle das Paket nur an „Hina Sakamoto, ein Level 85 Magier“ abgeben und niemandem sonst.

    Lange Zeit hatte Hina das Paket ungeöffnet liegen lassen, zweifelnd, ob nicht vielleicht etwas gefährliches in dem Paket war. Wer bitte sollte ihm schon ein Paket schicken? Alle, die ihm wohlgesonnen waren lebten mit ihm im Geheimpfad und diese hätten ihm das Päckchen auch einfach so gegeben, ohne extra einen Paketdienst zu bemühen.

    Wieder war es Aiko, die resolut entschied, dass Hinas – zum Teil verständliche - , aber nichts desto trotz gleichzeitig schon fast an Paranoia grenzende Vorsicht vor MHs, in diesem Zusammenhang einfach nur lächerlich sei. Wenn etwas in dem Paket war, was sie aufspüren sollte oder anderweitig für sie gefährlich wäre, so wäre diese Gefahr in den letzten zwei Wochen schon längst eingetroffen.

    Sie hatte dann einfach das Paket geöffnet, nur um darin den harmlosen, mit Ärmeln und einer Kapuze bestückten, Mantel vorzufinden.

    Als Hina nach Hause gekommen war, hatte er überrascht und leicht entsetzt reagiert, dass sie einfach das Paket geöffnet hatte. Selbst den Mantel hatte er für Stunden nur aus der Ferne beäugt, war schließlich wie ein vorsichtiges Tier an diesen ran getreten und hatte ihn sich genauer betrachtet, als er nichts auffälliges oder komisches feststellen konnte, hatte er – nach ein bisschen Überredungskunst ihrerseits – diesen tatsächlich angezogen.

    Seit dem trug er ihn immer wenn er die Wohnung verließ.

    Die letzte eingetretene Veränderung betraf diesmal nicht nur Hina, sondern auch Aiko: Ihre verschlimmerte Armut.

    Um sich noch ein wenig finanziell über Wasser zu halten, hatte Hina seinen Zauberstab verkauft. Aiko war dagegen gewesen, doch hatte Hina nicht mit sich reden lassen. Sie hatte aufbegehrt, warum das denn nötig sei. - Er hatte erwidert, dass sie genauso gut wie er wusste, DASS es nötig war.

    Sie hatte erwidert, dass es dann besser ihr Schwert sei, dass verkauft werden sollte und nicht sein Stab. - Er hatte argumentiert, dass er auch ohne Stab noch zaubern konnte (auch wenn die Zauber dann schwächer waren). Sie hingegen ohne Schwert komplett aufgeschmissen wäre.

    Sie hatte eingeworfen, dass er mit seinen abgeschwächten Zaubern, ohne Zauberstab, wesentlich gefährdeter war, wenn er in einen Kampf verwickelt werden sollte. - Er konterte, dass er für größeren Schaden in einem Kampf, immer noch seine Pistolen hatte.

    Schließlich hatte sie klein bei gegeben, wissend, dass Hina diesmal seine Meinung nicht ändern würde, egal was sie sagte. Auch musste sie zugeben, dass ihnen das Gold, was er für den Stab bekam, wirklich stark geholfen hatte. Doch waren nun auch diese finanziellen Reserven aufgebraucht.

    Staubi war zu ihnen in die Wohnung gezogen, damit es leichter wurde, die Miete zu zahlen.

    Trotz dessen, mussten sie oft auf das Mittagessen verzichten, weil sie kein Gold hatten.

    Sie alle hatten stark abgenommen, was sich am deutlichsten an ihren hervorstehenden Wangenknochen zeigte. Auch waren sie ständig müde und froren schnell. Ihre Haare waren durch die Mangelernährung stumpf und strohig geworden.

    All diese Veränderungen in der Armenschicht waren schleichend eingetreten. Zu erst war es nur hier und da ein Ort, von dem man hörte, wie stark er herunter gekommen war. Dann waren es mehrere Orte geworden. Schließlich hörte man von der ersten Seuche, die durchs Land zog und überall, wo sie erschien hunderte von Toten forderte.

    In dieser neuen und erschreckenden Welt lebten Hina, Aiko und Staubi nun seit knapp elf Monaten.


    Part 3, Teil 2: Ende

  • Hina seufzte niedergeschlagen, als er aus dem herunter gekommen Gebäude trat. Sein Blick schweifte über den Dreck auf den Straßen, die in Lumpen gekleideten Bettler und die schreienden Kinder mit ihren Müttern, die versuchten ihre Kinder durch Schaukeln in ihren Armen zu beruhigen, wissend, dass es nichts gab, um den Grund ihres Schreiens zu sättigen – der Hunger. Den Gestank von Urin und anderen Fäkalien, der überall in der Luft lag, nahm der Magier schon seit langem nicht mehr wahr. Dieser war zu etwas normalen geworden.

    Doch schmerzte es ihn, wenn er auf das Elend vor sich blickte. Vor allem jetzt, im Zusammenhang mit dem Gebäude, aus dem er getreten war.

    In dem Gebäude, aus dem er so eben getreten war (, um genau zu sein in eine der Wohnungen), hatte eine fünfköpfige Familie gewohnt. Betonung auf 'hatte' – jetzt waren es nur noch drei. Die beiden Jüngsten waren gestorben. Und er... er war zu spät gekommen, um zu helfen.

    Der Magier stieß die Luft aus und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, verkrallte sie in seinen Haaren, seufzte erneut schwer, lehnte sich anschließend mit dem Rücken gegen die Hauswand, ließ seine Arme einfach baumeln, starrte deprimiert zu Boden.

    Vor ca. 14 Tagen war er bereits schon mal bei dieser Familie gewesen und hatte die Mutter, welche an eine der Seuchen stark erkrankt war und eines der Kinder, welches ebenfalls erste Symptome zeigte, geheilt.

    Er hatte ihnen zum Abschied gesagt, dass nichts sicher sei. Dass sie, um eine erneute Erkrankung zu verhindern, die Wohnung so gut es ihnen möglich war, sauber halten mussten. Den Müll entsorgen, welcher sich stapelte, den Schimmel an den Wänden beseitigen, die Fenster von Staub und Dreck befreien und vor allem nicht ihre Notdurft in Eimern rumstehen lassen.

    Der letzte Punkt war leider auch nichts ungewöhnliches mehr. Viele hatten kein Gold um ihre Rechnungen zu zahlen, sie konnten sich gerade die Miete für die Wohnung leisten. Oftmals wurde das fließend Wasser und der Strom abgestellt wegen nicht bezahlter Rechnungen.

    Die Familie jedoch hatte nicht auf seine Worte gehört.

    Sie hatten die Eimer (und Essensreste wie z.B. Knochen), in eine der leer stehenden Wohnungen gestellt und gedacht, damit wäre das Problem gelöst. Als ob dadurch keine Krankheitsüberträger wie Ratten angelockt werden würden. Er hatte gedacht, die Leute wären intelligent genug, um die Eimer gleich in einen der Gullis und somit in der Kanalisation auszukippen, ohne dass er es ihnen extra sagen musste.

    Erneut seufzte er, stieß seinen Kopf gegen die Hauswand, starrte in den Himmel, ohne diesen wirklich zu sehen.

    Der Vater war außer Atem und fast panisch vor Sorge bei ihnen vor der Tür gestanden und hatte ihn um Hilfe angefleht wegen seiner zwei Kinder. Er war dem Mann nach Hause gefolgt, doch war es bereits zu spät, als er die Wohnung betrat. Er hatte nichts mehr tun können. Jemanden wieder zu beleben... das konnte selbst die Magie der Magier nicht vollbringen.

    Wieder seufzte er, presste seine Handballen gegen seine geschlossenen Augen, als ob er so die Bilder in seinem Kopf verschwinden lassen könnte. Die Bilder blieben.

    Seine Gefühle des Schmerzes und der Hilflosigkeit – der Nutzlosigkeit (Wozu war er Magier, wenn er noch nicht einmal zwei Kinder retten konnte?!) - wandelten sich zu Wut und Frustration.

    Er haute mit der Faust gegen den Türrahmen. Warum? Wieso? Wieso hatten diese Menschen nicht auf seine Worte gehört?! Hätten sie doch nur ein WENIG ihren Grips benutzt und die Eimer in der Kanalisation entleert...!

    Seine Frustration ebbte so schnell ab, wie sie gekommen war. Die Faust immer noch am Türrahmen, stützte er sich auf diese, lehnte seine Stirn gegen seine Faust, schloss erneut die Augen. …Hätte er ihnen doch nur direkt gesagt, wo sie die Eimer entleeren sollten, statt auf die Intelligenz und Vernunft der Menschen zu hoffen.


    Part 3, Teil 3: Ende